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geben. Da nun in diesem Falle die Darstellung der Leibnitzschen Philosophie den wichtigsten Theil desselben gebildet hätte, ich aber in meiner Ausgabe des Leibnitz mehrere bis dahin ungedruckte Werke mit gebe, welche ich bei der Darstellung seines Systems zu benutzen gedenke, so lag es mir nahe, die Fortsetzung der Geschichte der Philosophie zu verschieben, bis mein Leibnitz herausgekommen sey. Nun verzögerte sich aber ohne meine Schuld die Herausgabe desselben so sehr, dass ich, weil ich das Ende nicht mit Bestimmtheit absehen konnte, endlich beschloss, lieber auch diesen Band in zwei Abtheilungen zu zerlegen. Freilich hat sich's itzt so sonderbar getroffen, dass gerade seit diese erste Abtheilung gedruckt wird, der Druck. des Leibnitz so beeilt worden ist, dass wider Erwarten mit ihr zugleich auch der Leibnitz erscheint (Berlin bei Eichler). Fürchtete ich nicht, den Leser gegen Versprechungen der Art misstrauisch gemacht zu haben, so würde ich sagen, dass itzt, da der Grund des Verzuges geschwunden ist, die zweite Abtheilung baldigst folgen werde.

Was nun die vorliegende Arbeit selbst betrifft, so bin ich von dem einmal gesetzten Plane nicht abgewichen, d. h. ich habe nur diejenigen philosophischen Systeme dargestellt, in welchen ich einen wirklichen Fortschritt der Philosophie erkannte, diese aber suchte ich so ausführlich und treu darzustellen, dass nicht nur ihre Stellung im Gange der Geschichte erhellte, sondern auch eine richtige Anschauung von dem gegeben würde, wie sie sich die Philosophie dachten. Wie ich es überhaupt halten werde bis ich zu den Philosophen komme, welche deutsch geschrieben, so habe ich auch hier in den Beilagen die Belegstellen abdrucken lassen. Dies war um so mehr nothwendig, da einige der benutzten Quellen dem deutschen Leser nicht leicht zur Hand seyn möchten. Wo ich keinen Fortschritt in der Philosophie gemacht sah, konnte mir nicht daran liegen, in meinem Buche Ansichten darzustellen, die im Wesentlichen mit bereits dargestellten übereinstimmten. So, um ein Beispiel anzuführen, brauchte ich, wenn Condillac betrachtet war, Bonnet nicht zu erwähnen; man kann Bonnet eine grössere

Tiefe zuschreiben als Condillac, aber das ist eine Tiefe des Mannes, nicht seiner Philosophie, in dieser hat Bonnet nur geleistet was Condillac, ja weniger als dieser. Sollte Einer oder der Andre in dieser Darstellung Rousseau vermissen, so bitte ich ihn, sein Urtheil bis nach Erscheinung der zweiten Abtheilung zurückzuhalten.

Mehr aber bedarf es vielleicht einer Rechtfertigung, dass ich so viele Systeme hier dargestellt habe. Würde ich die Ansicht Feuerbachs theilen, dass die Lehre Lockes nicht immanent entwickelt werden könne, so hätte ich weder ihn noch die ganze sensualistische Richtung in der Philosophie behandelt. Itzt aber muss ich ihr eine doppelte Entwicklungsfähigkeit zuschreiben, einmal in dem Sinn in welchem Feuerbach dies Wort braucht, ich glaube nämlich dass sie sehr wohl philosophisch reproducirt d. h. als nothwendig erkannt werden kann, dann aber, dass sie den Keim einer reichen Entwicklung in sich trägt, aus dem nicht nur der Sensualismus und Materialismus dem freilich Feuerbach alle philosophische

Bedeutung abzusprechen geneigt scheint hervorgegangen sind, sondern der noch in unserer Zeit seine Früchte trägt; wie wäre Kant ohne Hume, wie dieser ohne Locke zu begreifen? Ich musste also Locke als den Vater einer, in der Entwicklung der Philosophie nothwendigen, Richtung darstellen, wenn aber ihn, so auch Jeden der in dieser Richtung weiter ging. Deswegen nahm ich Brown auf, dem selbst in dem ausführlichen Werke von Tennemann nur eine Anmerkung gewidmet ist. Die Engländer sind dankbarer gegen ihn, in England sowol als Amerika wird von den ältern Philosophen er nächst Locke fast am meisten studirt. Würde ich ferner die Ansicht theilen, welche die Meisten zu haben scheinen, welche die englischen Moralsysteme dargestellt haben, dass dieselben im Wesentlichen ganz mit einander übereinstimmen, so hätte ich nur eines derselben dargestellt, und die andern, etwa wie St. Lambert bei Helvetius, nur erwähnt. Bei genauerem Studium habe ich aber gefunden, dass das gemeinschaftliche Princip bei ihnen so verschieden entwickelt wird, dass sie eine Stufenfolge bilden, deren Nothwen

digkeit ich nachzuweisen suchte. Ich musste also Jeden für sich betrachten.

Und hiemit sey es genug der vorläufigen Bemerkungen. Ich übergebe dem Publicum den Theil meines Werkes welcher Ansichten darstellt, die, schon weil sie unserer Nationalität am meisten widerstehen, obgleich nicht nur deswegen, am wenigsten gehaltvoll erscheinen. Es braucht mir Niemand zu sagen, dass es weit genussreicher ist sich an den Werken eines Leibnitz zu erlaben, in denen oft ein scheinbar unbedeutendes Wort wie ein Blitz eine Welt erhellt, als sich durch die Unzahl Condillacscher Bände durchzuarbeiten. Bei der Aufgabe aber, die mir gestellt war, konnte ich auch die letztere Arbeit nicht von mir weisen. Ist es mir gelungen auch in der Entwicklung dieser Systeme, ohne dass ich ihnen fremde Elemente in sie hineintrug, die 'Vernunft nachzuweisen, so habe ich den Lohn meiner Arbeit empfangen.

Halle am 14. April 1840.

Erdmann.

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