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Diderot.

Denis Diderot 1) wurde im October 1713 zu Langres in der Champagne geboren, und von seinem Vater, einem Messerschmidt, zum geistlichen Stande bestimmt, um von einem Oheim ein Canonicat zu erhalten. So ward er denn von seinem neunten Jahre an zu den Jesuiten seiner Vaterstadt in die Schule geschickt. Nachher kam er auf seinen eignen Wunsch in ein Jesuitercollegium in Paris; nachdem er hier seine Studien geendigt hatte, kam er zu einem Procureur, Clément de Ris, um das Recht zu studiren, lag aber in dieser Zeit besonders belletristischen Studien ob. Die ausgesprochne Abneigung gegen die Wahl eines bestimmten und sicher stellenden Lebensberufs, brachte ein gespanntes Verhältniss zwischen seinem Vater und ihm hervor, welches ihn oft in die drückendste Lage brachte, aus der er einige Mal nur durch nicht ganz erlaubte List sich befreite. Seine Lage besserte sich natürlich nicht, als er wider des Vaters Willen im J. 1744 sich verheirathete. Einige schriftstellerische Arbeiten nährten ihn nur kümmerlich, und er athmete erst freier,, als er mit einem Buchhändler über die Herausgabe der Encyclopädie übereingekommen, und zugleich durch die

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1) Mémoires pour servir à l'histoire de la vie et des ouv rages de Diderot par Madame de Vandeul, sa fille, in: Mémoires, correspondence et ouvrages inédits de Diderot, publics d'après les manuscrits confiés en mourant par l'auteur à Grimm. Paris 1830, 8vo 4 Bde Tom. I.

Hülfe seiner Frau mit seinem Vater wieder ausgesöhnt war. Zur Herausgabe der Encyclopädie verband er sich mit dem berühmten Mathematiker d'Alembert, welcher in einem geistreichen Discours préliminaire auseinandersetzt, wie dieses Werk die doppelte, Aufgabe einer Encyclopédie und eines Dictionnaire raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers zu lösen habe. Er gibt dabei eine encyclopädische Uebersicht des ganzen Organismus der Wissenschaft, wobei er die des Baco von Verulam zwar zu Grunde legt, aber wesentlich modificirt. Merkwürdig sind ausserdem in diesem Discours die, oft gewaltsam herbeigezogenen Ehrfurchtsbezeugungen gegen die positive Offenbarung, welche wahrscheinlich aus einer gewissen Aengstlichkeit d'Alemberts hervorgegangen, wenn nicht Spott, sind. Das Werk machte ein ungeheures Aufsehn; obgleich es auf Antrieb der Geistlichkeit verboten ward, war die erste Auflage von mehr als 4000 Exemplaren bald vergriffen, und in und ausser Frankreich sind viele Ausgaben veranstaltet worden. D'Alembert hat in der Encyclopädie alle mathematischen Artikel wenn auch nicht selbst bearbeitet, so doch durchgesehn, Diderot die über die Künste, dann aber auch einige philosophische Artikel geliefert. Ein Werk von dieser Dimension konnte natürlich nur die Aufgabe eines ganzen Lebens seyn. Gegen dreissig Jahre hat Diderot daran gearbeitet, zuletzt als alleiniger Redacteur, da d'Alembert ihn, des Geldes wegen, verliess, und neben den eigentlichen Studien noch

den steten Kampf mit der Censur zu bestehen gehabt. Neben den Arbeiten an der Encyclopädie hat er nun noch mehrere Werke verfasst, welche hier zu nennen sind. Wenn von dem Werke über die Tugend und das Verdienst 2) gesagt worden ist, dass er in ihm noch ein religiöses Fieber gehabt, welches sich nachher verloren habe, so ist erstlich zu bemerken, dass die religiöse Basis in diesem Werke nicht sehr sichtbar ist, dann aber dass dieses Werk eine Uebersetzung des Werkes von Shafterbury ist (vgl. p. 126). Diderots eigne Ansichten finden sich in seinen Pensées philosophiques 3), so wie in seiner Abhandlung sur l'interprétation de la nature 1). Seine Abhandlungen über die Tauben und Blinden ) enthalten sehr viel Lehrreiches, und erinnern ́an Condillacsche Untersuchungen, nur dass sie bei weitem gründlicher sind. Ganz besonders wichtig aber sind ausser seiner Moralphilosophie 6) hinsichtlich der philosophischen Ansichten Diderots einige Werke, welche nach seinem Tode heraus

2) Essai sur le mérite et la vertu, Oeuvres (s. unt. 8) Tom. I.

3) Pensées philosophiques. (Piscis hic non est omnium). Oeuv. Tom. II.

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4) Pensées sur l'interprétation de la nature. Ibid, p. 1-74. 5) Lettres sur les Aveugles à l'usage de ceux qui voient. Ibid. 116. Lettres sur les Sourds et muets à l'usage de ceux qui entendent et parlent. lbid. 185.

6) Principes de Philosophie morale, nebst einem Code de la nature. Ibid. 279.

gekommen sind *). Diese sind, wenn man seine Lehre gründlich kennen lernen will, fast wichtiger als die zu seinen Lebzeiten erschienen. Die Sammlung seiner Werke ) enthält bloss die letzteren. Alle diese sind in seinem rüstigsten Alter geschrieben noch vor dem vierzigsten Jahre. Nachher wandte er seine Zeit mehr auf poetische Sachen. Er selbst scheint auf seine dramatischen Sachen besondres Gewicht zu legen; während aber seine Dramen vergessen sind, bleiben seine Romane Jacques le fataliste et son maître, und La Religieuse noch immer unübertroffne Meisterstücke. Er hat sie als älterer Mann verfasst, nachdem er schon in Petersburg gewesen war, wohin ihn seine Dankbarkeit gegen Katharina II rief, welche seine Bibliothek gekauft, und dann ihm als ihrem Bibliothekar gelassen hatte. Seit jener Reise nach Russland fing seine Gesundheit an zu wanken. Er lebte indess noch zehn Jahre, und starb am 30. Juli 1784.

Es paart sich in Diderot mit dem ausserordentlichen philosophischen Talent eine gründliche Bildung und ein gediegener Ernst. Welcher Gegenstand es auch seyn möge, den er betrachtet, sey

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7) S. unter 1. den Titel. Sie enthalten ausser seinen "Briefen an Dlle Voland Bd. 1 und 2., an Falconet Bd. 3, 4ten Bd.: Paradoxe sur les Comédiens, Entretien entre d'Alembert et Diderot ou le rêve de d'Alembert, La promenade de Sceptique.

*) Londres 1773. 6 Bde 8vo; die Romane fehlen in dieser Ausgabe.

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es der Schauspieler, sey es der Blindgeborne, immer durchdringt er seinen Gegenstand, und bleibt nicht auf der Oberfläche stehn. Kommt nun noch hinzu eine Tiefe des Gefühls und ein Zug von Gemüthlichkeit, der durch alle seine Schriften hindurchgeht, so lässt sich der Ausdruck, dessen man sich wohl bedient hat: er sey der Deutscheste unter den Franzosen, erklären. (Vielleicht mag

auch der Umgang mit zu Franzosen gewordenen Deutschen wirklich in dieser Art auf ihn eingewirkt haben, obgleich ihm die deutsche Sprache fremd ist). Wäre der Ausdruck nicht von einem Franzosen gebraucht, so würden wir darin ein Unrecht sehn, das der Unsern Einer der französischen Natin thut,

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Gehn wir zu der philosophischen Lehre Diderots über, so ist characteristisch für dieselbe das Wort, welches er selbst ganz kurz vor seinem Tode aussprach, (das letzte das seine Tochter von ihm hörte): le premier pas vers la philosophie c'est l'incrédulité. Wie weit aber Diderot auf diesem Wege fortgegangen, und wie weit daher dem äussersten Extreme dieser Philosophie nahe gekommen ist, dies ist deswegen nicht ganz leicht zu bestimmen, weil einmal seine Ansichten sich allmählig auszubilden, dann aber auch weil dir Schriften, welche Diderot zu seinen Lebzeiten herausgab, mit einer gewissen Vorsicht abgefasst zu seyn scheinen. Bei den wichtigsten Pankten sehen wir daher wenn

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