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standes dem Clarke am meisten Ruhm verschafft hat, so tritt doch gerade hier am allerwenigsten Eigenthümliches uns entgegen. Wie vor ihm schon Cudworth sein berühmtes Werk, so beginnt auch Clarke das seinige mit einem Blick auf die Atheisten, und nachdem er als die drei möglichen Gründe des Atheismus Unwissenheit und Dummheit, oder lasterhaften Lebenswandel, oder endlich ein falsches Rasonnement bestimmt hat, so geht er dazu über, die Adeisten der dritten Art zu widerlegen, indem er bei ihnen voraussetzt, dass sie jede unbegründete und leichtsinnige Gottesleugnung für unvernünftig, so wie dagegen einen tugendhaften Lebenswandel für etwas Nothwendiges halten. Um seinen Beweis zu führen, geht er nun von dem Satz aus, dass ein Widerspruch darin liegen würde, wenn ein absoluter Anfang alles Seyns angenommen würde, dass also nothwendig von Ewigkeit her etwas existiren müsse, welches nicht hervor gebracht, und also ein unabhängiges Wesen sey. Denn dass eine unendliche Reihe ohne eine wirkende Ursache angenommen würde, hält er für eine solche Widersinnigkeit, dass er sie nicht einmal den Atheisten zutraut. Dieses unabhängige Wesen ist also nicht durch eine andere Ursache gesetzt, sondern existirt durch sich selbst, also kommt ihm nothwendige Existenz zu. Daher folgt nicht etwa die Nothwendigkeit seiner Existenz aus unserem Denken, sondern sie geht ihm vielmehr vorher, und dränge sich unserm Denken auf.

Wir können nicht anders, als Gott als existirend denken. Wir finden nämlich in uns die Ideen der Ewigkeit und Unermesslichkeit, und können nicht umhin, diese Ideen zu haben, weil es ein Widerspruch in sich wäre, sie zu leugnen. Nun sind aber Ewigkeit sowol als Unermesslichkeit Eigenschaften, Attribute, sie können also nicht anders gedacht werden, als indem ein Substrat gedacht wird, an dem sie ihren Träger haben. Es muss also ein Wesen nothwendig gedacht werden, an welchem, als an ihrem Substrat, der unendliche Raum und die unendliche Zeit (welche nicht Substanzen sind, sondern blosse Modi) sich finden. Dieses ist Gott. Diesen bestimmt er daher als das Wesen, welches ohne Widerspruch nicht als nicht-existirend gedacht werden kann. Clarke scheint selbst zu fühlen, dass er mit dieser Begriffsbestimmung, wodurch er Gott zur Causa sui macht, so wie mit der letzten Wendung seines Beweises, dem Descartes in seinem ontologischen Beweise, namentlich aber dem Spinoza, gegen den diese Schrift eigentlich hauptsächlich gerichtet ist, fast zu nahe gekommen sey. Er sucht deswegen zu zeigen, wie sich seine Demonstration von jenem ontologischen Beweise unterscheide. Dieser, sagt er, habe das Schiefe an sich, dass der Schein entstehe, als wenn hier nur die Nominaldefinition des nothwendigen Wesens gegeben werde, woraus doch weiter nichts folge, als die Möglichkeit eines solchen Wesens (man müsste denn sagen, dass bei diesem Wesen aus der Möglichkeit auch

die Wirklichkeit folge) — aber nicht, dass es auch wirklich existire. Seine Demonstration dagegen habe ein doppeltes Moment in sich, nämlich erstlich zeige sie, dass alle Dinge einen realen Grund haben müssen, und dann, dass dieser existirende Grund aller Dinge ein solches Wesen sey, welches durch sich selber existire und deswegen nur als existirend gedacht werden könne. Deswegen aber kann nicht die materielle Welt selbst dieses ewige selbstständige Wesen seyn. Wäre sie es, so könnten wir erstlich die Welt nicht ohne Existenz denken, was wir doch können, und zweitens könnte nicht ein Raum existiren, wo kein materielles Wesen sich findet (da, dessen Existenz nothwendig ist, überall seyn muss). Nun gibt es aber leeren Raum, wie sich nach Newton beweisen lässt (vgl. Princ Philos. Edit. I. p. 411. Edit. II. p. 368); also existirt ein ewiges Wesen ausser der materiellen Welt. Obgleich dieses seinem Wesen nach uns schlechthin unbegreiflich ist, so können doch viele seiner Eigenschaften durch Schlüsse gefunden werden. Ausser der Ewigkeit werden dann Einheit, Unermesslichkeit, Intelligenz, Freiheit, Allmacht, Weisheit abgeleitet. In dem Beweise, dass das ewige Wesen nicht die materielle Welt sey, sondern etwas ausser ihr (obgleich Clarke sich gegen den Ausdruck, dass Gott supramundan sey, erklärt), kam nur beiläufig ein Punkt vor, welcher später von Clarke ausführlich in seinem Briefwechsel mit Leibnitz erörtert ward, nämlich der Begriff des II, I. 7

Raums, und was damit zusammenhängt, die Möglichkeit des Vacuum. Nach Leibnitz ist nämlich der Raum eben so wenig, wie die Zeit, etwas Reales für sich, sondern ist blosse Form der Existenz von Dingen (oder um Leibnitz's Ausdruck beizubehalten: un ordre des coëxistences, comme le temps est un ordre des successions), und also ohne Dinge nicht denkbar. Dagegen behauptet nun Clarke die Realität des Raumes wie der Zeit. Zwar will er sie nicht Substanzen nennen, sondern er nennt sie bald eine Eigenschaft, bald nur eine Folge des unendlichen Wesens. Den Grund, dass ein leerer Raum ein Attribut ohne Substrat wäre, lässt er nicht gelten, da ja eben Gott dieses Substrat wäre. Der Streit wurde nachher etwas gereizt, aber um so unfruchtbarer, geführt, da Leibnitz den Clarke wohl dahin brachte, zu sagen, Gott existire nicht im Raum und in der Zeit, sondern seine Existenz sey die Ursache von Raum und Zeit (während er doch am Anfange des Streits gesagt hatte, Gott müsse im Raum, wie die Seele in ihrem Sensorio seyn, weil er sonst nicht im Raum wirken könne) ihn aber nicht dazu bringen konnte, sich auch nur im Geringsten auf Leibnitz's Standpunkt zu versetzen. Die Behauptung, dass bei einer solchen Ansicht es also einerlei sey, ob die Welt itzt oder nach einem Jahrtausend geschaffen wurde u. dgl., die Leibnitz auf seinem Standpunkt gar nicht schrecken konnte, wird immer wiederholt, und die Sache um Nichts gefördert. 1)

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Viel eigenthümlicher ist nun Clarkes Ansicht, die er hinsichtlich des Wesens der Seele in seinem Streite mit Dodwell entwickelte. Dieser hatte in seinem Epistolary discourse geleugnet, dass der Seele als solcher Unsterblichkeit zukomme, da sie ein materielles Wesen sey, dem Gott nur Unsterblichkeit auf ausserordentlichem Wege nach seiner Gnade schenke. Clarke erklärte nun diese Meinung nicht nur für gefährlich, da sehr Viele sich nur an den ersten Theil derselben halten, das fortwährende Wunder Gottes aber, welches Dodwell annehme, nicht zugestehn würden, sondern auch für falsch, weil die eigentliche Basis derselben, die behauptete Materialität der Seele, ein Irrthum sey, indem sich vielmehr ihre Immaterialität demonstriren lasse. Wie man sonst von diesem Gegenstande urtheilen mag, von dem Standpunkt aus, den wir, um Clarke richtig zu beurtheilen, einnehmen müssen, müssen wir gestehn, dass gerade durch diese Behauptung Clarke sich vor und also unter die Stufe stellt, die bereits Locke erstiegen hat. Er sagt tadelnd in seinem ersten Brief an Leibnitz: That Mr. Locke doubteo, whether the soul was immateriel or no, may justly be suspected from some parts of his writings. But herein he has been followed only by ` some Materialists, enemies of the mathematical principles of Philosophie, and who approve little or nothing in Mr. Locke's writings but his errors. Aber gerade diese Materialists sind die, welche consequenter den Empirismus durchführen,

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