Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Riesengrösse thut es keinen Abbruch, dass er in der Philosophie nicht eine neue Bahn eröffnet hat. Der ungenannte Verfasser einiger, besonders gegen Locke gerichteten, Werke (Brown) steht mit ihm auf ganz gleichem Boden, nur dass er weiter geht, und bereits Anklänge von dem sich bei ihm finden, was später der Empirismus in Frankreich als Consequenz der Lockeschen Lehre ausgesprochen hat. Samuel Clarke, ein Schüler Newton's, wird von seiner Nation als bedeutender Philosoph gepriesen. Im Theoretischen geht er nicht weiter als Locke, sondern erörtert nur genauer, was dieser bereits gesagt hatte. Dagegen bildet er eine wirkliche Ergänzung jenes Standpunkts auf dem Gebiet, das Locke fast ganz ausser Acht gelassen hatte, dem praktischen. Hier gesellt er sich zu den übrigen englischen Moralisten, welche die Moral auf eine empirisch vorgefundne Basis zu gründen suchen.

1. Die Bestimmung überhaupt aller der Systeme, deren Entwicklung in diese Periode fällt, war, die Einzelwesen als das Wesentliche zu setzen. Dass nur den Einzelwesen Realität zukomme, wird itzt von Locke entschieden ausgesprochen. Im Sinne des mittelaltrigen Nominalismus wird allen Allgemeinbegriffen, als blossen Gedanken, die Realität abgesprochen. Locke hat bereits das Gefühl, dass wenn auch nicht alle, so doch die meisten Gedanken und Worte ein Allgemeines zum Inhalt haben, deswegen bezeichnen auch die meisten Worte nicht etwas Reales, sondern blosse Gedankendinge. Nur die wenigen einfachen Ideen bleiben als Bilder wirklicher Realität übrig. (Die Inconsequenz, dass auch eine complexe Idee mit diesen zusammengestellt wird, weist, wie wir später sehen werden, auf die Mangelhaftigkeit dieses, und die Nothwendigkeit eines andern Standpunktes hin). Wirkliche Existenz haben nur die einzelnen Dinge, alle Allgemeinbe griffe, Gattung, Art u. s. w. zeigen nur ein Verhältniss zu unserm Verstande an. Und zwar sind es die Dinge in ihrer Vereinzelung, die allein Realität haben, da alle Verhältnisse nur willkührlich gesetzte Beziehungen, und nichts Reales sind. Zwar bleibt sich Locke hier nicht ganz treu; bald erscheinen

die Gattungsbegriffe nicht als nur beliebig gebildet, sondern als durch eine Realität nothwendig gemacht (wirkliche Aehnlichkeit der einzelnen zu einer Gattung gerechneten Individuen), bald werden Verhältnisse als die Dinge wirklich verbindend dargestellt, das Bestreben aber, beide los zu werden ist da, und ist auf bewusste Weise da.

2. Mit diesem Bestreben aber konnte Locke eben sowol Realist als Idealist (in unserem Sinne) seyn. Das Weitere ist nun, dass die eine Art der Einzelwesen, die materiellen nämlich, hier besonders hervorgehoben werden. Um dies möglich zu machen, war es, wie wir sahen, nothwendig, dass die Materie nicht mehr als nur ausgedehnt gefasst wurde. Als solche ist sie das blosse Aussereinander, und dem Geiste, welcher das Insichseyn und Fürsichseyn zur Form seiner Existenz hat, diametral entgegengesetzt. Daher bei Descartes das Bestreben, Alles was auf ein Insichseyn hinweist, ans der Materie zu entfernen. Bei Locke dagegen erscheint dies, eben so nothwendig, anders. Das Wesen der Materie besteht ihm in der Undurchdringlichkeit, d. h. dem ausschliessenden Verhalten, wodurch das materielle Ding etwas für sich ist, gleichsam ein schwaches Analogon spröder Ichheit.

Se lange die Materie als biusse Riamiebkeit und Ausdehnung gewusst wurde, war sie das ganı dem Geiste Unterworfene, so dass Malebranche boden kann, durch weitere Ausbildung der Mathematik alle Erkenntniss über die körperlichen Dinge za erwerben. Itzt dagegen ist die Materie mit ihren physikalischen Qualitäten ein mehr widerstehender Stoff. Auf der andern Seite musste, wig gleichfalls bereits gezeigt ist, der Geist nicht mehr so gefasst werden, dass er das Negative der Materie ist. So fasst ihn auch Locke nicht mehr. Er po lemisirt gegen den Ausdruck,, immaterielle Substanz" anstatt,, geistiger" Substanz. Ihm ist der Geist selbst,, vielleicht auch ein materielles Wesen. Dieses „, vielleicht“ ist dem Cartesianer eine Absurdität, denn das Wesen des Geistes ist denken, d. h. Materie ausschliessen. Locke setzt deswegen das Wesen des Geistes nicht ins Denken, ihm gibt es nichtdenkenden Geist, ja der Geist denkt ihm sehr oft nicht. Die Möglichkeit dagegen, dass die materiellen Dinge unter die geistigen gehören als eine Art derselben, setzt Locke nicht. Es ist zwar nicht als gewiss ausgesprochen, dass der Geist ein materielles Wesen sey. Aber wo Locke den endlichen Geist mit der Gottheit ver

gleicht, spricht er es doch sogar als wahrscheinlich aus.

3. Ist so den materiellen Dingen eine grössere Dignität eingeräumt, als bisher, so fragt sich, ob denn auch dieselben itzt den Werth in den Augen des Geistes bekommen haben, dass derselbe in ihnen das erkennt, was vorzugsweise Gegenstand seines Wissens ist? Diese Frage ist hier um so mehr am Platz, als Locke ausdrücklich leugnet, dass die körperlichen Substanzen uns bekannter seyen, als die geistigen, indem von beiden uns ihre Attribute gleich bekannt, ihr Wesen gleich unbekannt sey. Dies sagt er freilich. Sehen wir aber, wie er beide behandelt, und was er an andern Stellen ausdrücklich ausspricht, so werden wir auch in diesem Punkte eingestehn müssen, dass Locke seinem Standpunkt gemäss die materiellen Dinge als das eigentliche Object des Wissens ansieht. Von den materiellen Dingen ist uns nach ihm die Qualität Solidität bekannt, von den geistigen Wesen: das Vermögen zu denken. Jene Qualität aber ist nach ihm von der Materie untrennbar, ohne Solidität keine Materie, ohne Materie keine Solidität. Dagegen ist für den Geist das Denken nicht eine so wesentliche Eigenschaft, denn er denkt oft nicht.

« AnteriorContinuar »