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entweder wirklich wahrgenommen werden, oder ist wenigstens im Gedächtniss, so dass sie wieder zur Wahrnehmung gebracht und als eine bereits dagewesene erkannt werden kann. Es sind deswegen Ideen uns eben so wenig angeboren, wie Künste und Wissenschaften; dass man solche annimmt, ist nur daraus zu erklären, dass einige allgemeine Sätze, sobald man sie hört und versteht, nicht mehr bezweifelt werden. Diese fühlte man sich versucht für angeboren zu halten, und war dies einmal geschehen, so half die alte und falsche Maxime, dass Principien nicht weiter untersucht werden müssten, dies Vorurtheil bestärken. 6)

§. 4.

Fortsetzung.

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Ursprung der Ideen. Die einfachen Ideen als erstes Material aller Erkenntniss.

Die Untersuchung im ersten Buche hatte nur das negative Resultat gegeben, dass es weder Grundsätze noch Ideen gebe, die angeboren sind. Locke geht nun dazu über, nachzuweisen, wie die Ideen entstehn, und dieser positive Theil seiner Untersuchung bildet den Anfang des zweiten Buches in seinem Werke. Da durch das erste widerlegt war, dass in dem Verstande sich Etwas ursprünglich finde, so geht geht er davon aus, ihn ursprünglich gleich einem weissen Papier, worauf Nichts geschrieben ist, zu setzen, und fragt dann, indem

nun Beobachtung und Erfahrung ihm die Antwort geben sollen: wie kommt der Verstand zu Ideen? Wie diese Frage beantwortet werden wird, liegt auf der Hand: dass Locke, um Antwort zu erhalten, sich nur an die Erfahrung wendet, zeigt, dass er nur in ihr die Lehrmeisterin des Geistes voraussetzte. Dieser seiner Voraussetzung gemäss gibt er sich daher die Antwort: Alle Ideen kommen dem Verstande aus der Erfahrung, auf welcher alle Erkenntniss beruht, und von der, als ihrem Principe, sie abhängt. Die Erfahrung selbst ist aber eine doppelte, entweder entsteht sie durch die Wahrnehmung äusserer Gegenstände, und die Ideen, die sie dem Verstande gibt, hängen dann von den Sinnen ab, da nennen wir sie Empfindung (sensation), oder sie ist die Wahrnehmung der Thätigkeiten unsres eignen Verstandes, die als Wahrnehmung mit der Empfindung und also dem Sinne Verwandtschaft hat, und deswegen füglich innerer Sinn genannt werden könnte. Indess erscheint der Ausdruck Reflexion (reflection) passender. Bei dieser muss sogleich bemerkt werden, dass, wenn gesagt wurde, sie nehme die Thätigkeiten des Verstandes wahr, dies Wort hier in einem so weiten Sinne genommen ist, dass darunter alle Zustände des Verstandes gemeint werden. Empfindung und Reflexion geben dem Verstande alle seine Ideen, die äusseren Objecte geben die Ideen der sinnlichen Qualitäten, das innere Object (der Verstand) bietet die Ideen

von den eignen Thätigkeiten dar. Weil die letzteren nicht ohne eine stetige Aufmerksamkeit entstehen, so ist es zu erklären, warum der Mensch (das Kind z. B.) zu den aus der Empfindung stammenden Ideen früher kommt, als zu den Ideen der Reflexion. 7)

Die Frage, wann die ersten Ideen in den Menschen kommen, oder wann der Mensch anfängt zu denken, ist mit der gleich, wann er wahrzunehmen beginnt, denn Ideen haben = wahrnehmen. Dies streitet freilich gegen die Ansicht derer, welche behaupten, dass die Seele immer denke, weil Denken für die Seele dasselbe sey, was Ausdehnung für den Körper; nach dieser Meinung müsste der Ursprung der Ideen mit dem Ursprung der Seele zusammenfallen. Jene Ansicht ist aber falsch. Das Denken ist für die Seele, was für den Körper nicht die Ausdehnung, sondern die Bewegung, d. h. es macht nicht ihr Wesen aus, sondern nur eine Thätigkeit derselben. Die richtige Antwort wird daher immer bleiben, dass der Mensch Ideen hat, sobald er empfindet, d. h. sobald vermittelst eines Eindrucks auf ihn Wahrnehmung im Verstande entsteht. Diese Eindrücke kommen von den äussern Gegenständen, welche vermittelst einer körperlichen Affection sich in dem Verstande gleichsam spiegeln und ihr Bild hervorbringen; eben so aber spiegeln sich auch die eignen Zustände des Verstandes in ihm, und bringen ihre Bilder, d. h. die Ideen der Reflexion hervor. Bei der Entstehung beider Arten

von Bildern (Ideen) verhält sich der Verstand ganz passiv, er bringt sie nicht hervor, sondern sie werden in ihm hervorgebracht, er kann sich ihrer so wenig erwehren, wie der Spiegel der Bilder, die er widergibt. Die Ideen nun, welche dem Verstande so kommen, welche ohne seine Thatigkeit entstehen und ihm gleichsam aufgedrungen werden, nennt Locke einfache Ideen. Sie bildea das Material aller unserer Erkenntnisse; wie in der sichtbaren Welt der Mensch nicht neue Materie schaffen, sondern nur die vorgefundene umformen kann, so kann der Verstand auch wohl aus den einfachen Ideen neue zusammensetzen, aber keine neuen einfachen sich hervorbringen. 8)

Die Fähigkeit eines Gegenstandes, eine Idee in unserm Verstande hervorzubringen, nennt Locke eine Qualität oder Eigenschaft des Gegenstandes. Sind diese der Art, dass sie gar nicht vom Gegenstande getrennt werden können (wie z. B. die Ausdehnung eine solche Eigenschaft des Körpers ist), so nennt er sie ursprüngliche, oder primäre Qualitäten. Die Ideen, welche von den primären Qualitäten der Dinge in uns gewirkt werden, sind wirkliche Bilder von Beschaffenheiten der Körper, und haben Aebalichkeiten mit ihnen. Hervorgebracht werden diese Ideen in ons dadurch, dass gewisse Bewegur gen von den Dingen ausgehn und sich unsern Nerven mittheden, durch welche sie zu dem Gehirn fortgepfianzt werden. Ausser diesen primären Qualnäten kommt dann aber den

Dingen das Vermögen zu, in uns, ohne dass wir bemerken, dass es durch ihre primären Eigenschaften geschieht, einfache Ideen zu wirken, welche nicht sowol eine Beschaffenheit des Dinges, als vielmehr nur eine Empfindung in uns bezeichnen. So ist z. B. die Röthe eines Körpers eigentlich eine gewisse Configuration seiner Theile, sie wirkt aber in uns nicht die Empfindung einer gewissen Textur, sondern einer Farbe. Diese Fähigkeit nennt Locke secundäre Qualitäten der Dinge; sie werden oft sensible qualities genannt. Die Ideen, welche von den secundären Qualitäten der Dinge in uns hervorgebracht werden, sind natürlicher Weise nicht Bilder wirklicher Beschaffenheiten, und die Idee von Roth oder Blau hat keine Aehnlichkeit mit dieser oder jener Configuration der Theile eines Körpers oder einer bestimmten Bewegung derselben. Endlich unterscheidet man von beiden die Fähigkeit eines Körpers, durch eine besondere Weise seiner primären Qualitäten in ande ren Körpern solche Veränderungen hervorzubringen, welche in uns eine Idee bewirken. Diese Fähigkeit nennt man in der Regel nicht Qualität, sondern Vermögen, und sagt daher, die Sonne habe das Vermögen, Wachs zu schmelzen. Eigentlich findet zwischen den secundären Qualitäten und diesen kein Unterschied Statt, denn die Empfindung des Lichtes und der Wärme in mir sind eben so wenig, als die veränderte Gestalt des Wachses, eine Beschaffenheit der Sonne; beide sind nur Wirkun

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