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Deisten mehr vereinzelt stehn, weil ihre Prämissen nicht Eigenthum der Gesammtheit geworden waren. Es wird also jetzt solcher bedürfen, welche, was in den früheren philosophischen Leistungen implicite bereits lag, oder darin als Resultat auch schon ausgesprochen war, in das grössere Publicum bringen, und dieses daran gewöhnen; ist dies geschehen, so wird aus dem allgemein Zugestandnen von den Philosophen Weiteres gefolgert werden können. Hierzu aber war in jener Zeit kein Land geschick=ter als Frankreich. Alles trug hier dazu bei, die religiösen Interessen verschwinden zu machen. Die Kirchenverbesserung die dort, wo sie ganz durchdrang, eine innerlichere geistigere Weise der Religion herrschend machte, dort, wo beide Confessionen neben einander lebten, schon durch Aemulation, eine Rückwirkung auf die andere Confession übte, hatte in Frankreich nur erst dies bewirkt, dass eine tolerante Gesinnung bei den Gebildetern sich auszubilden anfing. Nun trat die Verfolgung der Protestanten ein; die Folge dieses Siegs der Priesterherrschaft war, dass jede solche wohlthätige Rückwirkung aufhörte. Jene That des Fanatismus ward als Sieg der Religion gepriesen, dabei der Macht geschmeichelt, welche ihn erringen half, was Wun

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der wenn gerade die geistig Begabteren bei der itzt am Hofe sich zeigenden Coalition von Priester-Einfluss und Sittenlosigkeit, devotem Wesen und ungebundner Tyrannei, die Religion mit jenen Auswüchsen zu verwechseln, und ihr alle Gräuel anzurechnen sich gewöhnten. In solcher Zeit nun war es möglich, was bis dahin mehr Eigenthum einsamer Denker gewesen war, zum Besitzthum Aller zu machen. Was zuerst die Gottes-Idee betraf, so 1 hatte bereits Hume diese sehr zu erschüttern be

gonnen. Er hatte sie nicht mehr, was Locke noch that, dem Wissen vindicirt, und es zeigte sich hier, wie es sich immer wieder gezeigt hat, dass mit der Behauptung, man könne von Gott nichts wissen, sich gewöhnlich paart, dass man von ihm nichts wissen will. Hume hatte dann aber noch Weiteres angedeutet: Ursache und Wirkung sind nach ihm adäquat, in jener kann nur enthalten seyn, was diese enthält; geht man daher von der Betrachtung der Welt aus, so kann man nicht zu einem Wesen kommen, das mehr enthält als die Welt; hält er selbst zwar noch fest, dass das göttliche Wesen mehr enthalte, und also nicht aus der Welt erschlossen werden könne, so lag doch eine andere Consequenz eben so nahe. Nämlich man kann,

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was Hume (als Untersatz in seinem Raisonnement) fest hielt, fallen lassen und sagen: Da die Ursache nichts mehr enthält als die Wirkung, so ist jene sogenannte Ursache selbst gar nichts Anderes als die Welt. Mit dieser Consequenz aber war der Atheismus auch gesetzt. Der zweite Punkt, die menschliche Freiheit, war eben so durch Hume, und durch Condillac erschüttert. Frei ist der Geist nur, indem er als wirkliche Negation der Natur gefasst wird, es hängt damit die Frage nach der Freiheit aufs Engste zusammen mit der viel besprochnen nach dem Unterschiede des Menschen von den Naturwesen. Einen solchen hatten Hume sowohl als Condillac, der Letztere noch mehr, bereits auf ein Minimum zurückgeführt, es waren ausser der künstlicheren Structur des Tastorgans eigentlich nur Zufälligkeiten, die einen Unterschied setzten. Diese bei Seite gelassen, und die Consequenz, dass der Mensch ein Naturwesen sey, wie alle andern, war Endlich nur eine andere Form der Behauptung, dass der Mensch frei, über die Natürlichkeit erhaben, ist die Behauptung seiner Unsterblichkeit. Es war nur eine Consequenz seiner sonstigen Ansichten, wenn Hume auf die Analogie zwischen somatischen und psychischen Zuständen hinweisend, II, I.

da.

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sie bezweifelt, oder wenn er das Ich, die Seele, als den blossen Complex der, durch die Leiblichkeit bedingten, Vorstellungen bezeichnet. Zu ganz denselben Consequenzen wird Condillac getrieben, er hilft sich aber, indem er behauptet, die Seele, (die ihrem Begriff nach leiblich seyn musste), sei einmal anders gewesen, und werde auch einmal wieder etwas ganz Anderes seyn (vgl. p. 206). Diese Inconsequenz zu verbessern lag nah, und so sehen wir, war eigentlich wenig Neues zu erfinden, nur das bereits Gefundene zu gestalten.

Wir nennen unter denen die dies Geschäft über sich nahmen

zuerst:

Voltaire.

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François Marie Arouet ist der eigentliche Name des Mannes, der unter dem später selbst angenommenen Namen Voltaire das gebildete Frankreich ja man kann sagen Europa beherrscht hat. Geboren am 20. Febr. 1694, hat er seit seiner frühesten Jugend Eindrücke erfahren, die seine Richtung bestimmten. Der Abbé Chateauneuf hat am Frühsten Einfluss auf ihn geübt; die Moisiade, ein frivoles Werk, welches I. B. Rousseau zuge schrieben ward, war das, worin er lesen lernte. Später ins Jesuiter - Collegium gebracht, weissagten die Lehrer von dem Knaben, er werde der Chor

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führer des Deismus werden. Derselbe Abbé führte darauf den 16jährigen Jüngling in Hofkreise hinein, in welchen der Prinz Conti und andere GeistesVerwandte den Ton angaben. Hier hielt man sich für die Heucheleien schadlos, die man in Gegen wart eines erschlafften bigotten Monarchen zeigen musste, welcher die Siege Marlboroughs und des Prinzen Eugen nur dem zuschrieb, dass der Herzog von Vendôme die Messe nicht oft genug besuche. Auf diese Regierung folgte die der ausschweifenden Regentschaft. Während derselben kam Voltaire zwei Mal (einmal ganz ohne seine Schuld) in die Bastille. Er verliess darauf Frankreich für einige Zeit, und ging nach England, wo er im Kreise der berühmtesten Deisten jener Zeit Wolston, Tindal und A. lebte, und die, erst später herausgegebnen, Lettres philosophiques verfasste, in denen er seine Landsleute, indem er ihnen überhaupt die Engländer näher bekannt machte, auch mit den deistischen Meinungen derselben zu befreunden suchte. Von da beginnen die. Verfolgungen der Geistlichkeit gegen ihn, welche ihn immerfort sein höchstes, oft durch unwürdige Mittel gesuchtes Ziel, eine Stellung am Hofe verfehlen liessen, ja ihn für die grösste Zeit seines Lebens von Paris entfernt hielten, und seinen Hass gegen die Geistlichen, und dadurch mittelbar gegen das Christenthum, immer mehr erhöhten. Nach einem ruhelosen, immer wieder dadurch gestörten Leben, dass er sich durch seine Schriften neue Feinde zuzog, das er theils in

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