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wenn die Cultur allgemein wächst, es bald an solchen fehlen wird, die durch ihre Unwissenheit gezwungen sind zu dienen, ein Uebelstand der sich in England bereits zeige, weil da die Grenze der nothwendigen Cultur bereits überschritten sey. Wenn dann endlich Mandeville als das eigentliche Resultat seiner Schrift dies angibt, sie habe gezeigt, dass das Wohl des Ganzen nicht anders als durch die Fehler und Laster der Einzelnen erreicht werden könne, und stelle nun Jedem die Wahl frei, ob er ein so theuer erkauftes Glück erwählen, oder sich von der Welt ganz zurückziehen wolle, so wollen wir hier nicht untersuchen ob er hiebei aufrichtig und nicht vielmehr seine Wahl schon getroffen ge

wesen sey,

so viel ist aber in der That ganz richtig, seine Lehre hat nur dies negative Resultat: dass die Pflicht des Einzelnen nicht denselben Inhalt habe wie seine natürlichen Neigungen, und dass die Tugend des Einzelnen nicht zusammenfalle mit der Förderung des allgemeinen Wohls. 3)

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3. Das negative Resultat aber, zu welchem Mandeville gekommen, bedarf einer positiven Ergänzung. Worin diese besteht, ist nicht nur von uns durch den vorher bezeichneten Gang der Entwickelung angegeben, sondern die Andeutung findet sich in diesem Moralsystem selbst, so dass wir nur was in ihm implicite enthalten ist, zu expliciren haben. Die natürlichen Neigungen sind hier als

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blosser Eigennutz bestimmt, die Pflicht als Entsagung. Bis dahin scheint also allerdings die Wahl freigestellt zu seyn. Nun aber tritt als ein bewegendes Moment nicht zu beiden sondern nur zu dem einen, den natürlichen Neigungen, dies hiezu, dass sie die Wohlfahrt Aller fördern, während die Pflichtmässigkeit sie ganz gewiss untergraben würde. Wenn also in den frühern Moralsystemen alle drei Momente als unmittelbar Eins gefasst, so ist bei Mandeville, durch die Vereinigung zweier, das dritte gleichsam eliminirt, und es bleibt also hier, folgerichtig weiter gedacht, als die Norm des Handelns nur übrig, dass durch Befolgung der eigennützigen Neigungen das allgemeine Wohl befördert werde. War nun aber dieses Letztere von Allem was moralischen Werth hat, streng gesondert worden, so war es auch nur eine Consequenz. dieses Standpunkts, wenn Mandeville das Wohl des Allgemeinen nicht etwa darin setzt, was die sittliche ( ewige) Bestimmung der Menschheit ist, sondern nur in das, was dem Eigennutz, der Eitelkeit u. s. f. Aller schmeichelt. Die Glückseligkeit des Ganzen ist ihm deswegen nur Industrie, Wohlstand, Ruhm einer Nation. Welche Consequenzen also aus diesem Standpunkt gezogen werden müssen, ist aller

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dings deutlich genug ausgesprochen. So wenig wir darum dem Verfasser der Fabel unbedingt trauen möchten, wenn er von Angriffen und Anklagen ge

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drängt, am Schlusse seines Werkes zu verstehen gibt, er habe, indem sein Werk zeige wie alle Wohlfahrt und irdisches Glück auf Eitelkeit beruhe, und wie alle Tugend des Menschen keine Glückseligkeit zu schaffen im Stande sey, eigentlich nur zur Demuth bringen und dem Christenthum in die Hände arbeiten wollen, so kann doch auch wieder nicht geleugnet werden, dass er alle Consequenzen seines Standpunktes nicht gezogen hat. Hiezu gehörte ein Land, und gehörten Zustände, die es möglich machten, dass in dem offnen Bekenntniss: nur der Eigennutz regiere die Welt und müsse sie regieren, als Geheimniss der ganzen Welt erkannt und begrüsst wurde. Diesen Fortschritt, der auf dem praktischen Gebiete noch zu machen war, hat Helvetius gemacht, indem er das Interesse, welches im Grunde nur auf die Befriedigung der sinnlichen Lust gehe, zum Princip der Moral macht.

Helvetius.

Claude Adrien Helvetius 1) stammte aus einer ursprünglich pfälzischen Familie, welche in Folge von Religionsverfolgungen nach Holland gezogen war, und in welcher in drei auf einander folgenden Generationen die Arzneikunst würdige Werkzeuge gefunden hat. Sein Vater sowohl als Grossvater waren berühmte Aerzte in Paris. Er selbst wurde im Januar des Jahres 1715 geboren, und erhielt seinen ersten Unterricht von einem geschickten Lehrer im väterlichen Hause. Später, als er ins College gebracht ward, zeigte er keinen besondern Eifer fürs Lernen, Poesien aller Art zogen ihn an, zerstreuten ihn aber auch. Erst als ein Lehrer es versuchte, durch Ehrgeiz ihn zu spornen, machte er reissende Fortschritte. Hier im College machte er die erste Bekanntschaft mit Locke's berühmtem Buch, welches für seine philosophische Ausbildung entscheidend wurde. Sein Vater bestimmte ihn für das Finanzfach, um ihn für den Mangel an Vermögen zu entschädigen, und obgleich er in der Zeit wo er sich zu dieser Laufbahn vorbereiten sollte, meistens andere Dinge trieb, gelang es doch durch den Schutz der Königin, ihm im 23sten Jahre eine Generalpächterstelle und damit ein reiches Einkommen zu verschaffen. In dieser Lage machte er Be

1) (St. Lambert) Essai sur la vie et les ouvrages de Mr. Helvetius.

kanntschaft mit den berühmtesten Männern seiner Zeit: Marivaux, Fontenelle, vor Allen Voltaire gehörten zu seinen näheren Bekannten. Der letztere war es auch, dem er zueist die beiden ersten Gesänge eines Lehrgedichts über das Glück 2) mittheilte, und von dem er aufgemuntert wurde fortzufahren. Dieses Gedicht, welches er lange Zeit ruhen liess, und dessen vierten Gesang er erst kurz vor seinem Tode vollendete, erzählt in einer allegorischen Darstellung, die unserer Zeit allerdings etwas frostig erscheint, wie der Dichter das Glück vergeblich in den Genüssen der sinnlichen Liebe, des Ehrgeizes, des Reichthums gesucht, weil alle diese den Ueberdruss zur Folge haben, endlich zeigt ihm die Weisheit, dass nur das Glück ein wahrhaftes sey, welches nicht von Andern abhängig ist, und welches zugleich die meisten Genüsse darbietet, dieses aber findet der Mensch nur in der wahren Philosophie, die nicht Entsagung lehrt, und nicht den sinnlichen Genuss verdammt, sondern nur Mässigkeit in demselben lehrt. Als Generalpächter zeigte er sich streng gegen die Erpressungen seiner Untergebenen, wohlwollend gegen die Armen, indess trat ihm in dieser Stellung so viel Unangenehmes entgegen, dass er sie endlich aufgab. Im Jahr 1751 verheirathete er sich und zog sich aufs Land zurück. Hier gab er im Jahre 1758 sein berühmtes

2) Le bonheur, poëme allégorique.

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