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führt. (Offenbar denkt hier Condillac nur an das Räsonnement, wie es in den mathematischen Operationen sich zeigt, welche allerdings darauf hinauskommen, dass man gleichgeltende Ausdrücke substituirt). Ein Satz ist daher per se evident, wenn er nur ein andrer Ausdruck für diesen ist: das Selbige ist das Selbige. Das Räsonnement ist die höchste Function des Erkennens. Alle Functionen desselben aber begreift Condillac unter dem Namen Verstand (entendement), er selbst ist nichts Andres als modificirte Empfindung, da sich ja gezeigt hat, dass alle Weisen des Verstandes, Aufmerksamkeit, Urtheilen u. s. w. nur umgestaltete Empfindungen sind. 6)

Bis dahin waren es aber nur die theoreti schen Functionen des Geistes, welche aus der Empfindung abgeleitet wurden. Condillac bleibt dabei nicht stehn, sondern sucht auch alles praktische Verhalten auf dieselbe zurückzuführen. Hiebei macht er sichs freilich noch leichter als bisher. Er geht davon aus, dass es ein Widerspruch wäre, ein Empfinden anzunehmen, welches nicht ein Empfinden von Lust oder Unlust wäre. Ist dies zugestanden, so folgt, dass wenn sich die Seele `einer Empfindung erinnert und sie mit einer gegenwärtigen vergleicht, sie auch sogleich die vergangne Lust mit der gegenwärtigen Unlust, oder umgekehrt, vergleichen wird. Daraus entsteht nun Bedürfniss und Verlangen oder Abscheu *). So wird also Lust und Unlust das

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) Beide haben zu ihrer Bedingung die Erkenntniss eines Guts oder Uebels.

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Bewegende zu jedem Handeln. Aus dem Verlangen (desir) wird nun Wille (volonté) dadurch, dass die Seele, bereits befriedigten Verlangens eingedenk, die Hoffnung hegt, auch in Zukunft es befriedigen zu können. Wille ist nämlich nichts Andres als das Verlangen, wie es seines Vermögens zur Befriedigung gewiss ist. Hat sich der Geist zum Willen erhoben, so hat er auch die Ideen des Guten und Schönen, beide haben ihren eigentlichen Quell in den Sinnen, denn unter gut versteht man ursprünglich, was dem Geruch und Geschmack, unter schön, was den übrigen Sinnen gefällt, nachher hat man die Bedeutung so geändert, dass was den Begierden gefällt gut, was dem Verstande, schön genannt wird.

Wenn sich nun aber so gezeigt hat, dass Erinnerung, Vergleichen, Urtheilen, Unterscheiden u. s. w. nur verschiedne Formen der Aufmerksamkeit, dass Leidenschaften haben, hassen, lieben u. s. w. nur verschiedne Formen des Verlangens sind, dass aber endlich sowol Aufmerksamkeit als Verlangen im Grunde nur Empfindung sind, so folgt daraus, dass die Empfindung alle Operationen der Seele in sich begreift. Wenn man also Verstand und Willen von einander unterscheidet, so thut man es nur, indem man die Thätigkeit der Seele in zwei Klassen theilt, Verstand und Wille sind also abstracte Ideen. Jene Grundthätigkeit nennt nun Condillac Denken, eben so oft aber auch Empfinden. Beides fällt ihm ganz und gar zusammen. Der Beweis also für das,

was er durchzuführen gesucht hatte, ist gegeben: Alle Thätigkeiten des Geistes, theoretischer sowol als praktischer Art, sind im Grunde nur, durch die Sinnes-Eindrücke vermittelte, Empfindungen. 7)

Eben so wie Hume bei seinen Untersuchungen auf die Betrachtung der Thiere geleitet wurde, eben so auch Condillac, nur dass er weniger als Jener eine Bestätigung seiner Ansicht darin findet, dass die Thiere den Menschen so nahe gestellt werden, als vielmehr seine Ansicht trotz dieser Consequenz festhalten will. Wenn nämlich alle Erkenntniss auf der sinnlichen Empfindung beruht, die doch den Thieren nicht fehlt, so scheint dies auf, der Menschenwürde nachtheilige, Folgerungen zu führen. Condillac gesteht es nun zu, dass wenn die Thiere überhaupt empfinden, dass sie dann eben so empfinden müssen wie der Mensch, was er auch gegen Buffon behauptet; dennoch aber bleibt ein grosser Unterschied, der wenn gleich nur graduell, so doch ein specifischer genannt werden muss. Einmal schon durch die Einrichtung der Sinne selbst. Es ist gezeigt, dass kein einziger Sinn für die Erkenntniss so wichtig ist, als der Tastsinn, indem er allein die Erkenntniss des Objectiven als Objectiven vermittelt. Das Tastorgan ist nun gerade das Sinnesorgan, in welchem der Mensch das Thier am meisten übertrifft und schon darin ist ein wesentlicher Vorzug des letztern anzuerkennen. Dazu kommt noch dies: Alle Erkenntnisse beruhen am Ende als auf

ihrem veranlassenden Grunde auf dem Bedürfniss, und werden zu Stande gebracht durch Ideen-Association. Beide gehen den Thieren nicht ab, sie haben darum Erkenntnisse, sie mehren sie, erfinden u. s. w. In allem diesem aber stehen sie dem Menschen weit nach, theils weil sie viel weniger Bedürfnisse haben, theils weil sie bei weitem nicht die Mittel haben wie er, neue Ideen zu erwerben und neue Combinationen derselben hervorzubringen. Auch die Thiere haben darum ein Ich, aber auch hier zeigt sich ein Unterschied. Man kann auch im Menschen ein doppeltes Ich unterscheiden, eines welches in der Totalität der Gewohnheiten besteht, und welches zu den nothwendigsten Bedürfnissen des animalischen Lebens hinreicht (es wirkt instinctartig), und ein anderes welches reflectirt, und durch welches wir auch in ungewohnten Verhältnissen uns thätig verhalten. Die Thiere reflectiren zwar auch, allein wegen des engen Kreises ihrer Bedürfnisse sind sie auch auf sehr wenige Thätigkeiten beschränkt; indem diese sich nun immerwährend wiederholen, werden sie zur Gewohnheit, und sie sind am Ende auf das blosse Ich der Gewohnheit, auf den Instinct beschränkt. (Aus Allem sieht man übrigens, dass ein absoluter Unterschied zwischen Thieren und Menschen nicht angenommen wird; obgleich Condillac behauptet, ein Thier könne so wenig ein Mensch, als ein Mensch ein Engel werden, so scheint dies eben so richtig zu seyn, aber auch keinen andern Sinn zu haben, als dass die verschiednen

Thierspecies verschieden sind.) Wie im Theoretischen so ist es auch im Praktischen. Die Selbstliebe ist den Menschen und Thieren gemein, und aus ihr stammen alle anderen Triebe bei beiden. Allein bei den Menschen gestaltet sie sich anders. Diese nämlich haben eine Idee vom Tode, der den Thieren abgeht, und daher ist nur beim Menschen die Selbstliebe nicht nur ein Abscheu vor dem Schmerz, sondern auch ein Trieb, sich zu erhalten. 8)

An diese aufgeführten Vorzüge des Menschen vor dem Thier knüpft sich nun noch ein andrer, welcher uns zu einem Punkt der Condillacschen Philosophie führt, auf den er selbst sehr grosses Gewicht legt, er betrifft nämlich die Sprache. Es hatte sich schon bei Locke die Untersuchung über die Sprache gleichsam aufgedrängt, bei Condillac tritt sie noch mehr in den Vordergrund. Nach ihm ist nämlich zur Association der Ideen, und daher zur Bildung neuer Ideen die Sprache von der äussersten Wichtigkeit. Ohne die Bildung von IdeenZeichen würde es der Ideen sehr wenige geben. Solcher Zeichen aber unterscheidet Condillac dreierlei, erstlich ganz zufällige, wo irgend ein äusserer, Gegenstand, weil sich mit seiner Wahrnehmung irgend eine Idee zufällig verbunden hat, ein Erinnerungszeichen für dieselbe wird. Zweitens die natürlichen Zeichen von Empfindungen, wie der Schrei beim Schmerz u. dgl. Endlich die willkühr

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