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diesen Gegenständen. ein Feld des Wissens, sofern es eine Beziehung aufs Leben hat, auf das sich Locke nicht gewagt hätte. Im Jahre 1693 erschien seine Schrift über die Erziehung). Eine andere Schrift ), welche im Jahre 1695, vielleicht im Auftrage Wilhelms III., um eine Verständigung mit den Dissenters zu versuchen, von ihm verfasst ward, erfuhr von einem Dr. Edwards einen sehr heftigen Angriff. Die Erläuterungen, welche Locke dazu gab, liessen ihn in den Augen aller Unbefangenen als siegreich erscheinen. Als bald darauf Toland in seinem Werke „Christianity not mysterious" sich einiger Beweise aus Locke's Essay bediente, und einige Unitarier dasselbe thaten, gab dies dem Dr. Stillingfleet, Bischof von Worcester, Veranlassung, in einer Schrift über die Trinität einige Lehren Locke's als neologisch und gefährlich anzuklagen. Hiedurch entstand ein Schriftwechsel zwischen beiden, welcher Locke Gelegenheit gab, seine Ansicht zu erläutern ) und siegreich darzustellen. Ein einträgliches Amt, welches er seit dem Jahre 1695 bekleidete, musste er wegen asthmatischer Beschwerden, und weil die Luft von London ihm schädlich war, aufgeben.

Ueberhaupt gab es kaum

"Some thoughts concerning education. Ebendas. Vol. 9.

The reasonableness of Christianity, as delivered in the Scriptures. Ebendas. Vol. 7., wo sich auch noch zwei Erläuterungsschriften gegen Dr. Edward finden.

") Alle diese Schriften enthält die angegebene Ausgabe von Locke's Werken im 4ten Bande.

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Die letzten Jahre brachte er meistens in Oates in der Grafschaft Essex, im Hause des Sir Masham (des Schwiegersohnes von Cudworth) zu, wo er am 28. October 1704, zwei und siebenzig Jahre alt, starb.

Ein edler und offner Charakter tritt uns in Locke entgegen, Rechtlichkeit und Wahrheitsliebe machen die Grundzüge desselben aus, und die Verhältnisse, in welchen sich sein Leben bewegte, dienten dazu, ihn trefflich auszubilden. Im Umgange mit den ausgezeichnetsten Geistern, den edelsten Männern seiner Zeit, bildete sich bei ihm jenes feine Gefühl aus, dem jede Rohheit nicht nur als ein Mangel an Form, sondern als ein Fehler des Characters erschien. Wahr gegen Andere, wie gegen sich selbst ein schönes Denkmal wahrer und edler Bescheidenheit ist die Grabschrift, die er selbst sich gesetzt hat ist er in der Wissenschaft, wie er im Leben war, ein Feind aller Schulpedanterei, noch mehr aber alles Unbestimmten, und dessen, was die wahre Meinung verhüllt. Klarheit und Präcision, eine Offenheit, die nicht hinter dem Berge hält, oder innere Leerheit durch hohle Phrasen verbirgt, er polemisirt viel gegen den Gebrauch tiefklingender und Nichts bedeutender Worte ist das Characteristische seiner Schriften. Erscheint er in diesem Bestreben mehr scharfsinnig als tief, so ist dabei zu bedenken, welches die Aufgabe war, die ihm gestellt war, bei ihr kam es auf den Scharfsinn am meisten an; man muss dann

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ferner die Nationalität des Denkers nicht ignoriren Vieles erscheint uns jetzt brest und zu ausführlich, was es damals nucht war, was es bloss ist, wee wir die Besnitate seiner Philosophie in der gewòbalichen Bildung uns angeeignet haben. Locke bat nicht nur für seine Nation, sondern für die Welt, eine neue Anschauungsweise geltend gemacht, jene hat ein Recht, in dem, was er geleistet, ein wurdages Denkmal des brittischen Geistes zu ehren. Im Wesentlichen wurzelt die englische Philosophie noch jetzt in dem, was Locke zuerst ausgesprochen bat.-Seine Werke sind oft erschienen, zuerst im Jahre 1714 in fol., nachher sehr oft. Ein vollständiges Register alles dessen, was von ihm gedruckt ist, ist in der von uns citirten Ausgabe enthalten.

§. 3.

Philosophie des John Locke ').

Das Ziel, welches sich Locke in seinem berühmten Werke vorgesetzt hatte, erinnert unwillkührlich an die Aufgabe, die ein Jahrhundert später Kant sich stellte, ja fast mit denselben Worten, wie später Kant, stellt uns Locke den Zweck und die Nothwendigkeit seines Unternehmens dar:

1) Vgl. besonders Tennemanns Abhandlung im dritten Theil seiner Uebersetzung. Ausserdem sind viele Kritiken dieses Standpunkts erschienen.

Die Veranlassung dazu habe ihm, sagt er, eine Unterredung mit mehreren Freunden über einen ganz andern Gegenstand gegeben, in welcher es, weil man immer mehr sich in unauflösbare Zweifel verwickelt fand, ihm klar wurde, dass, ehe man sich in solche Untersuchungen einlasse, nothwendig erst unsere eignen Fähigkeiten untersucht sein müssten, um zu sehen, welche Gegenstände unser Verstand ohne Anmassung seiner Untersuchung unterwerfen dürfe, so wie, welchen er nicht gewachsen sei. Aus den Gedanken, welche bei jener Gelegenheit aufgeschrieben wurden, sei nachher dieses Werk erwachsen. Es liegt ihm der Gedanke zu Grunde, dass der erste Schritt zu jeder gründlichen Untersuchung damit gemacht werden müsse, dass man erst einen Ueberblick über das eigne Erkenntnissvermögen gewinnt, seine Fähigkeiten prüft, und zusieht, welche Gegenstände in das Bereich seiner Macht fallen. Gelingt eine solche Untersuchung, so dass daraus erhellt, wie weit das Gebiet unseres Verstandes reicht, welche Dinge, und in wie weit sie ihm zugänglich sind, welche nicht, so wird dies unser Nachdenken dazu bringen, dort stille zu stehn, wo es an der Grenze unseres Erkenntnissvermögens anlangte, und ruhig auf die Erkenntniss der Dinge zu verzichten, die darüber hinaus liegen. Begibt man sich aber, nicht durch eine solche Untersuchung gewarnt, in die Tiefen, wo der Verstand keinen festen Fuss fassen kann, so ists kein Wunder, wenn immer neue Fragen und Streitigkeiten

entstehn, welche, weil sie zu keinem Schluss kommen können, nur die Zweifel mehren, und endlich einen völligen Skepticismus zur Folge haben. Um nun aber einen solchen Leberblick zu gewinnen, gibt es nur einen Weg, dass man nämlich das Erkennen selbst zu seinem Objecte macht, nicht sowol um eine metaphysische oder gleichsam physiologische Erkenntniss von dem Wesen des Geistes und seiner Natur zu erlangen, sondern nur, um die verschiedenen Weisen zu erkennen, in welchen der Verstand thatig ist, wenn er sich mit Objecten beschäftigt. 1)

So sehr auch die Sätze noch völlig dieselbe Aufgabe zu enthalten scheinen, welche später Kant zu lösen sich vorgesetzt hat, so tritt doch der grosse Unterschied zwischen Locke und Kant sehr bald hervor, ein Unterschied, welcher uns nicht befremden kann, da bei beiden Denkern das Resultat ihrer Untersuchung eigentlich vor der Untersuchung fertig war. Wie nämlich die Kritik der reinen Vernunft es gleich anfänglich als gewiss voraussetzt, dass es zweierlei Erkenntnisse gebe, die aus der Erfahrung stammen, und die nicht aus ihr stammen, eben so ist dem Locke die Gewissheit, dass alle Erkenntniss aus der Erfahrung entspringt, das, wovon er ausgeht. Daher ist sogleich die Verfahrungsweise bei beiden Philosophen verschieden. Jenes reflectirende Verfahren, welches Locke als das geeignete zu seiner Untersuchung angibt, ist wesentlich von dem unterschieden, was Kant

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