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Vom vernünftigen Zusammenhange und der Nothwendigkeit die Objecte ganz zu befrein, beide in bloss subjective Vorstellungen zu verwandeln, und damit dem Subjecte den Wahn seines Bevorzugtseyns zu nehmen, ist das Geschäft des consequenten Empirismus von Hume.

1. Die blosse Bemerkung, dass was Locke und die Moralisten geleistet haben, dem Begriffe des extremen Realismus nicht entspreche, ist nur eine äussere Reflexion, die nicht darauf Anspruch machen kann, die Nothwendigkeit eines Uebergangs zu anderen Leistungen dargethan zu haben. Es handelt sich darum, in ihnen selbst nachzuweisen, wie sie über sich hinausweisen. Ein solches Hinausweisen aber kann in nichts Anderem bestehn, als in einem Widerspruch, in welchen sie sich mit sich selber gesetzt haben, und der seine Lösung postulirt. Worin diese Widersprüche in den einzelnen Punkten bestehn, und wie diesen Widersprüchen theils gleichzeitig, theils nach einander ihre Auflösung zu Theil wird, nachzuweisen, darin allein wird unser Geschäft bestehn, indem wir, immer wieder an Locke und die Moralisten anknüpfend, von ihnen den Ueber

gang zu den folgenden philosophischen Systemen nachweisen wollen.

2. Wäre die Philosophie nur Eigenthum des Individuums, und wäre das Individuum nur ein für sich bestehendes Wesen ohne Zusammenhang mit einer grössern Sphäre, so wäre es zufällig, wo der philosophirende Geist die Individuen hernimmt, die für ihn arbeiten sollen. Aber ein jedes Individuum ist wie ein Kind seiner Zeit, so auch seines Volkes, und ist durch die politische, sittliche, religiöse Stellung desselben bedingt, und in Grenzen eingeschlossen, die nur der ganz Unwürdige zu überspringen sucht; unter den ganz Unwürdigen aber sind die nicht zu finden, die der Aufgabe genügen können, um welche sichs hier handelt. In England hatte der Empirismus sich erzeugt, es waren die edelsten Männer Englands, die ihn geltend gemacht hatten. Seine Consequenzen führten zu einem Extrem hin, welches in einem Lande, das aus einem Bürgerkriege zum selbst erkämpften gesetzlichen Zustand zurückgekehrt war, das einem ausschweifenden Hofe gegenüber die Achtung vor Zucht und Sitte nicht eingebüsst hatte, dem gerade durch die religiösen Spaltungen diese höheren Interessen nie fremd geworden waren, keinen Anklang finden konnte. Er war nicht

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Heuchelei, welche jene Männer abhielt, die Consequenzen zu ziehn, sie waren wie ihr Volk und zogen sie deswegen nicht. Anders verhielt sichs in Frankreich, wo unter langjähriger Tyrannei der Staat zu einer Zwangsanstalt für die Niedern, zu einem bequemen Schutzmittel für die Grossen ge-worden war, wo ein widerliches Gemisch von Ausschweifungen und Frömmelei in den höchsten Regionen dem Volke ein Recht gab, die Sitte nichtzu achten und die Religion für eine blosse Form anzusehn. Hier bildete sich, namentlich in den gebildeten Ständen, eine Ansicht aus, die es ruhig geschehen liess, wenn alle substanziellen Grundlagen des sittlichen Lebens offen angetastet wurden, und in die Aeusserung jener Dame einstimmte, welche des Helvetius System mit den Worten begrüsste: Cet homme a dit le secret de tout le monde. Da eigentlich jeder wahre Philosoph nur das seines Volkes ausspricht, so konnte in England auf der betretenen Bahn nur so weit fortgegangen werden, als noch die Pfeiler des sittlichen Lebens nicht unmittelbar angegriffen wurden, d. h. nur im theoretischen Gebiet konnte ein Fortschritt gemacht werden, und auch hier nur in so weit, als die Anwendung auf das Praktische nicht zu sehr auf der Hand lag.

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3. Zu einem Fortschritt aber, der sich ganz auf das theoretische Gebiet beschränkte, war dadurch allerdings von Locke die Aufforderung gegeben, dass er sich mit seinen eignen Principien in Widerspruch gesetzt hatte, weil er nicht wagte, weit genug zu gehn. Er hatte das Substanzialitätsverhältniss als ein Verhältniss der Wirklichkeit stehen lassen, obgleich sein System das Gegentheil forderte. Dieses liess alle Verhältnisse als blosse beliebige Verknüpfung von Ideen ansehen, und nur dieses eine sollte eine Ausnahme machen. Eben so sollte keiner einzigen complexen Idee eine Realität entsprechen, nur die Idee der Substanz wird davon ausgenommen. Wie unwillkührlich spricht Locke es einmal aus, der Begriff der Substanz komme uns durch die Gewohnheit, gewisse Modi immer zusammen zu sehn (ähnlich wie er den, nur subjectiven, Begriff der Kraft abgeleitet hatte), aber er restringirt sogleich, was er gesagt hatte, und lässt die Substanzialität als ein objectives Verhältniss stehn. In der That aber ist gerade das Annehmen oder Verwerfen dieses Verhältnisses für die weitere Ausbildung des consequenten Realismus von der äussersten Wichtigkeit. Das Verhältniss nämlich der Substanz und Inhärenz ist die erste Weise, in welcher

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die volle, d. h. vernünftige Wirklichkeit, oder Nothwendigkeit, uns entgegentritt. Dieses Verhältniss in der Welt der Dinge statuiren, heisst also auch noch vernünftigen Zusammenhang in der Welt annehmen, und die Dinge nicht in blosse Einzelheiten zerfallen lassen. Daher denn das System, welches am feindseligsten gegen alle Einzelwesen sich zeigte, das Spinozistische, nur dieses Verhältniss statuiren wollte. Dass aber das Zugeben dieses Verhältnisses von solcher Wichtigkeit sey, lässt sich leicht nachweisen. Dass Causalzusammenhang vernünftiger Zusammenhang sey, wird nicht geleugnet; dass wo dieser in der Welt der Dinge angenommen wird, auch die Vernunft über die Dinge mitzusprechen hat und sie sich unterwerfen kann, ist eine unmittelbare Folge davon. Nun aber ist Causalitätsverhältniss nur explicirtes Substanzialitätsverhältniss, obgleich weder Spinoza noch auch Locke dies wahr haben wollen, welcher Letztere sogar einmal den Versuch macht, das Causalitätsverhältniss zu leugnen und die Subsistenz und Inhärenz zuzugeben, mit dem einen steht daher und fällt auch das andere und umgekehrt. Dass dem so ist, erhellt, wenn man das Substanzialitätsverhältniss genauer betrachtet: Das Substanzialitätsverhältniss ist,

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