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Dieses vernünftige Wollen wird nun von Hutcheson mit dem Namen Neigung (affection) bezeichnet, auch wohl calm affection genannt, indem es den turbulent passions entgegengesetzt wird. — (In der That ist dieser Name auch der passendste, da in der That Alles, was Hutcheson anführt, um beide von einander zu unterscheiden, das ganz richtige Bewusstseyn über den Unterschied von Trieb und Neigung verräth, nur dass, so richtig er die Neigung bestimmt, er den Unterschied zwischen Trieb und Leidenschaft ignorirt. Der Trieb nämlich ist die unmittelbare, nicht durch die Vorstellung vermittelte, Bestimmtheit des Willens, die auf nichts Anderes geht, als darauf, den empfundenen Widerspruch (Mangel) aufzuheben, sich daher negativ gegen den Reiz verhält und nothwendig erlischt, sobald dieser verschwunden ist. Dagegen ist die Neigung durch die Vorstellung vermittelt, und damit ist zugleich gesetzt, dass, worauf die Neigung geht, nicht sowol vernichtet werden soll, wie das was den Trieb reizt, sondern erhalten wird. Auch die Abneigung folgt dem Gegenstande und geht ihm nach. Neigung ist Verhältniss zu der Vorstellung des Gegenstandes, und da der Gegenstand als vorgestellter, d. h. gedachter, ein bleibender ist, hat auch sie einen bleibenden Character). Zunächst ist also der Unterschied fixirt zwischen dem blossen Triebe und der Neigung. 1)

Damit ist aber nur hinsichtlich der Form der Willensdeterminationen Etwas bestimmt, und der II, I. 10

Inhalt derselben ganz unberücksichtigt geblieben. Was nun diesen betrifft, so kann das Wollen auf etwas gehn, was ein Gut oder Uebel nur ist für das wollende Subject, da ist das Wollen selbstisch (selfish), oder es geht auf Etwas, was ein Gut oder Uebel ist für Andere, da ist es Wohlwollen (benevolence). Eins schliesst das andere aus, denn von Wohlwollen können wir nur dort sprechen, wo das eigne Interesse ganz schweigt. Dass es aber wohlwollende Willensregungen wirklich gebe, kann nicht bestritten werden, und was man dagegen eingewandt hat (z. B. dass, da wir diejenigen liebten, welche uns wohlgethan haben, unsere Liebe zu ihnen sich auf Selbstliebe gründe), beweist Nichts, man müsste denn behaupten und beweisen wollen, dass es in unserer Macht stünde, um irgend eines selbstsüchtigen Zweckes willen einen Andern zu lieben. Indem sich nun diese zwei Arten von Gegensätzen schneiden, ergeben sich viererlei Arten von Willensdeterminationen: Erstlich selbstische Passionen, wie z. B. Hunger, Durst, Genusssucht u. s. w., zweitens wohlwollende Passionen, z. B. Mitleiden, Mitfreude u. dgl., wo sie den Character eines Affects bekommen; beide entstehen, ohne dass wir dabei eine Vorstellung von unserem oder Anderer Wohl haben. Zu diesen kommt drittens die beständige und unabänderliche Neigung zum eignen Wohl, und endlich die eben so beständige Neigung zum Wohl Anderer. — Mit diesen verschiednen Willensdeterminationen ist nun Verschiednes

gesetzt, was als Ziel des Handelns oder als Gut erscheint; da wegen ihrer Verschiedenheit nicht alle zu gleicher Zeit befriedigt werden können, so entsteht itzt die Frage, wie die grösstmögliche Summe von Befriedigungen erlangt, d. h. die Glückseligkeit erreicht werden kann. Da die Glückseligkeit bestehen muss in dem dauernden Genusse des grössten Vergnügens, so werden diejenigen Willensdeterminationen, welche, eben wie ihre Befriedigungen, ihrer Natur nach vergänglich sind, die Glückseligkeit nicht gewähren können. Es bleiben also die Neigungen allein übrig. Die ruhige Selbstliebe, die erste von diesen, hat allerdings vor jenen dies voraus, dass sie nicht in dem Gefühl eines Mangels besteht, also nicht in der Befriedigung erlischt, sondern vielmehr von der Vorstellung eines Gutes ausgeht, also auch nach der Erreichung desselben ein angenehmes Gefühl geben wird. Wäre daher dieses die einzige Neigung, die sich in der menschlichen Seele fände, so würde Selbstliebe das Princip alles Handelns seyn müssen. Viele behaupten nun, dass sie es wirklich sey, und vergessen, dass es auch Neigungen gibt, welche völlig ohne eignes Interesse, und daher nicht der Selbstliebe untergeordnet sind. Es hat zwar einen Schein für sich, wenn behauptet wird, dass all unser Wohlwollen auch nur eine feinere Selbstliebe sey, vermittelst der Sympathie nämlich sey eine Freude eines Andern Freude erweckend, und so freuten wir uns eigentlich über den Genuss, den uns die Sympathie gewährt. Allein

wenn wirklich nur die Sympathie in solchen Fällen wirksam wäre, so müsste doch unsere Mitfreude oder unser Mitleiden in ganz constantem Verhältniss mit der Freude oder dem Leiden gleichviel welches Menschen, wachsen und fallen, wenn aber die Erfahrung lehrt, dass wir uns über das Gute mehr freuen, welches einem guten Menschen zu Theil wird, als über das, was einem bösen, so erhellt daraus, dass ausser dem blossen Mitfühlen noch etwas Andres in uns wirken muss, etwas was nicht von unserem Vorsatz abhängt, eben so wenig aber sich auf die Rücksicht auf unseren eignen Nutzen gründet, sondern eine Regung ganz uninteressirter Art ist. 2)

Dieses zweite Princip des Handelns ist nun, wie bereits gesagt ist, das ruhige Wohlwollen, oder die Neigung zum Wohl Anderer. Wenn nun aber diese beiden Principien, wie die Erfahrung uns lehrt, sich in uns finden, und die eine Neigung von der andern ganz unabhängig ist, só entsteht die Frage, wie sie doch, wenn etwa jede auf ein andres Ziel hinweist, beide befriedigt werden sollen, oder wenn dies nicht möglich ist, welche dann der andern unterworfen werden soll, die Selbstliebe dem Wohlwollen, oder dieses jener? Diese Schwierigkeit muss sich lösen, wenn man die moralische Natur des Menschen näher betrachtet: Das Vergnügen, welches irgend eine Empfindung begleitet, gibt uns zuerst den Begriff eines Gutes, wir nennen nämlich das ein Gut (oder auch ein natürlich Gutes), was

dieses Vergnügen macht, wenn es empfunden wird, und was dazu dient ein solches Gut zu empfinden, nennen wir ein mittelbar Gutes oder Nützliches. Beides suchen wir, weil unsere Selbstliebe uns dazu antreibt. Von dem Begriff des Gutes oder des Nützlichen ist nun wesentlich verschieden der des moralisch Guten, oder des Guten schlechthin. Wenn wir auch bei solchen Handlungen, die uns selbst betreffen, leicht versucht sind, das was für uns gut (d. h. natürlich gut, oder ein Gut) ist, für eine (moralisch) gute Handlung zu halten, so laufen wir diese Gefahr nicht bei der Beurtheilung solcher Handlungen, die uns selbst gar nicht betreffen, und da trennen wir die moralischen Werthbestimmungen streng von den Begriffen des Gutes und des Uebels. Wenn zwei Menschen uns eine gleiche Wohlthat erweisen, der eine aus Liebe zu uns, der andre aus Interesse oder aus Zwang, so sind beide uns gleich nützlich gewesen; wenn wir nun dennoch beide verschieden beurtheilen, so folgt daraus, dass wir hinsichtlich des Werthes der Handlungen noch andere Vorstellungen haben, als die sich auf unseren Nutzen beziehn, und das Vermögen, solche Vorstellungen zu haben, ist das moralische Gefühl oder der moralische Sinn. Es wird Sinn oder Gefühl genannt, weil wir, ganz wie bei der sinnlichen Empfindung, hier Ideen erhalten, ganz ohne dass dies von unserm Willen abhängt (also unmittelbar). Wir können diesen Sinn eben so gut Instinct nennen, nur versteht es sich von selbst, dass darunter

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