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Ansichten seines Grossvaters ihm auch unter den Lehrern der Schule sehr heftige Gegner erweckt hatten. Unter diesen Umständen war es ein Glück für ihn, dass Dr. Harris sich seiner annahm, und viel dazu beitrug, dass der edle und Freiheitsliebende Sinn des Knaben sich immer schöner entwickelte. Im Jahre 1686 verliess er die Schule und begab sich mit Einwilligung seines Vaters auf Reisen. Italien bildete den feinen Kunstgeschmack des Jünglings aus, Frankreich den feinen Anstand und die gesellige Gewandtheit desselben. Nach drei Jahren kehrte er zurück, und dem Neunzehnjährigen ward eine Stelle im Parlamente angeboten, die er ablehnte, um ganz der Philosophie und den schönen Wissenschaften zu leben. Im seinem vierundzwan zigsten Jahre wurde er doch zum Mitglied des Unterhauses gewählt, und blieb dies bis zur Auflösung des Parlaments im J. 1698, wo er, um seinen Gesundheitszustand zu verbessern, wieder ins Ausland reiste. Unter fremdem Namen, hielt er sich fast ein Jahr in Holland auf, wo er mit Bayle und Le Clerc in Verbindung trat. Während dieser Zeit erschien ohne seinen Willen seine Abhandlung über die Tugend und das Verdienst. Er hatte dieselbe ganz jung verfasst, und einige seiner Freunde, unter ihnen Toland, besassen Abschriften. Dieser veröffentlichte sie. Shaftesbury, damit unzufrieden, kaufte die Exemplare auf, und gab nachher, im Jahre 1709, diese Abhandlung in der Gestalt heraus, in welcher sie sich jetzt in den Characteris

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ticks findet ). Bald nach seiner Rückkehr nach England starb sein Vater und er nahm seinen Platz im Oberhause ein. Zuerst gar nicht gesonnen an den öffentlichen Angelegenheiten Theil zu nehmen, liess dies seine innige Liebe zu seinem Vaterlande doch nicht lange geschehen. König Wilhelm schenkte ihm sein ganzes Vertraun und wollte ihn zum Staatssecretair ernennen, er zog aber die Unabhängigkeit der ehrenvollen Stelle vor. Nach dem Regierungswechsel zogen seine freisinnigen Grund ́sätze ihm manche Kränkungen zu, und er verliess im J. 1703 England aufs Neue und brachte eine Zeitlang im Auslande zu. Nachher lebte er, von Staatsgeschäften entfernt, nur der Wissenschaft. Im Jahre 1708 erschien sein Brief über die Schwärmerei 2), veranlasst durch das Aufsehn, das in jener Zeit gewisse sogenannte Propheten aus Frankreich machten, in dem ein Geist edler Duldung sich zeigt. Verschiedne Angriffe, die diese Schrift erfuhr, hat er nicht beantwortet. Auch Leibnitz hat,

1) An inquiry concerning virtue and merit; findet sich in der Sammlung philosophischer Werke von Shaftesbury, die unter dem Namen Characteristicks (s. unten) herausgekommen ist, im zweiten Bande. Von dieser Schrift hat Diderot eine französische Uebersetzung gegeben, welche von Vielen für ein eignes Werk Diderot's gehalten wird, und als solches auch der Sammlung von Diderot's Werken einverleibt ist. In der französischen Ausgabe der Werke von Shaftesbury ist die Diderotsche Uebersetzung, nur sehr wenig verändert, zu finden. bildet - 55.

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2) A letter concerning Enthusiasm, to My Lord in den Charakteristicks Treatise I im 1sten Bande p. 1 —

ohne den Verfasser zu kennen, eine Recension derselben geschrieben. Nachher erschien, im J. 1709, sein Essay on the freedom of wit and humour 3), der namentlich gegen gewisse skeptische Ansichten gerichtet ist. - In diesem selben Jahre erschien auch eine Abhandlung unter dem Titel The moralists, a philosophical rhapsody *), philosophische Dialogen, in welchen ein Skeptiker von seiner Ansicht bekehrt wird durch einen liebenswürdigen und besonnenen Enthusiasten. Diese Abhandlung enthält besonders seine Ansichten über die Schönheit des Universums und den Geist, der es durchdringt. Shaftesbury hatte eigentlich den Entschluss gefasst, unverehelicht zu bleiben. Mehr aus Nachgiebigkeit gegen seine Freunde, entschloss er sich zur Heirath. Einer sehr entschiednen Neigung, die er zu einer Dame fasste, stellten sich viele Hindernisse entgegen, und im J. 1709 verheirathete er sich mit einer Verwandten, die ihm einen einzigen Sohn gebar. Im J. 1710 erschien sein Soliloquy $). Sein Gesundheitszustand machte es ihm nothwendig

3) Sensus communis: an essay on the freedom of wit and humour, in a letter to a friend. (Charact. Vol. I. Treat. II. p. 59150). Hiervon erschien zuerst eine französische Uebersetzung à la Haye 1710, welche sich in der französischen Ausgabe von Shaftesbury's Werken findet.

4) The moralists, a philosophical rhapsody, being a recital of certain conversations on natural and moral subjects, bildet im 2ten Bande der Charact. Treat. V p. 181 — 443.

5) Soliloquy or advice to an author. s. Char. Vol. I. Treat. III. p. 151 — 364.

ein milderes Klima aufzusuchen; er ging nach Neapel; hier schrieb er noch eine, mehr ästhetische, Abhandlung über den Hercules am Scheidewege o), nebst einem begleitenden Briefe, Im J. 1713 starb er, 42 Jahr alt zu Neapel. Sein Leben, wie seine Schriften, zeigen uns einen edlen, im höchsten Grade gebildeten Mann, vom feinsten Gefühl, und dem gebildetsten Geschmack. Zwei Leidenschaften beseelten ihn, die für die Freiheit und die für die Wissenschaft. Nach seinem Tode sind noch einige seiner Werke herausgekommen 7), so wie eine vollständige Sammlung aller, auch der früher gedruckten, veranstaltet worden ist).

Da die Philosophie keine andere Bestimmung

6) A notion of the historical draught or tablature of the jugdment of Hercules according to Prodicus Lib. II, Xen. Mem. Soer.

7) Miscellaneous reflections sind theils Beurtheilungen theils weitere Auseinandersetzungen der bisher genannten Abhandlungen. Ferner erschienen im J. 1716 seiue Letters written by a nobleman to a young man at the university. Diese sind in den Jahren 1707 und 8 an einen jungen Ainsworth geschrieben, der sich dem geistlichen Stande widmete.

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Seine Letters to Lord Molesworth gab Toland im Jahre 1721 heraus; sie betreffen theils politische, theils häusliche Angelegenheiten, namentlich seine Vermählung.

8) Characteristicks of men, manners, opinions, times, in three volumes by the Right Honourable Anthony Carl of Shaftesbury; oft herausgegeben. Aufl. 4. 1727. Deutsch: Charakteristiken Lpz. 1768.

Les oeuvres de Mylord Comte de Shaftesbury, contenant ses Charakteristicks, ses lettres et autres Ouvrages traduits de l'Anglais en François à Genève 1769. Vgl. 8vo...

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haben kann, als in einem höhern Grade zu gewähren, was die gute Erziehung gibt, so ist auch die Aufgabe derselben gleich der Aufgabe der Bildung überhaupt zu erkennen, was Recht in der Gesellschaft und schön in der Ordnung der Dinge ist. In dieser Weise bestimmt sich Shaftesbury seine Aufgabe, und folgert sogleich daraus, dass eine Hauptaufgabe seyn werde, den Begriff des Guten und der Tugend zu fixiren. Diese Untersuchung führt nun sogleich auf die Quelle alles Handelns. Jede Handlung geht hervor aus einer innerlichen Bestimmtheit des Handelnden, aus einer Neigung; was nicht in einer solchen seinen Grund hat, ist keine That des Subjectes, und kann daher weder gut noch schlecht genannt werden. Diese Werthbestimmung kann eine Handlung bloss dann erhalten, wenn sie der unmittelbare Gegenstand einer Neigung ist, welche den Willen des Handelnden bewegte. Eine Untersuchung über das Gute ist daher im Grunde eine über die Neigungen, und so geht er denn bald dazu über, ein System der Neigungen aufzustellen. Er unterscheidet hier dreierlei Neigungen, erstlich die Neigungen zu dem Allgemeinen oder Ganzen; diese werden bald gesellige (social), bald wohlwollende, uninteressirte (generous u. s. w.) genannt, gewöhnlich aber kurz mit dem Namen der natural affections belegt; zweitens solche Neigungen, die zu ihrem Object nur das eigne Wohl haben. In einem weiteren Sinne werden auch diese (self-affections), (die auch wohl II, I.

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