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wortet, dass er sie aus der Erfahrung oder gar den Sinnen stammen lässt, sondern vielmehr als die gewisseste Erkenntniss die von gewissen abstracten Ideen annimmt, deren Beziehungen uns unmittelbar gewiss sind, und den Inhalt zu den allgemeinen wahren Sätzen geben, deren Anwendung die particularen wahren Sätze sind, so scheint dies dagegen zu streiten, dass er auf dem Standpunkt des Empirismus stehe. Dennoch ist es der seinige, Nur tritt hier der im §. angedeutete Fall ein, dass keine völlige Uebereinstimmung in seiner Ansicht von dem theoretischen und praktischen Geiste Statt findet. Ueber jenen eine neue Ansicht geltend zu machen, ist seine Bestimmung nicht gewesen; daher ist er hier noch nicht zum reinen Empirismus durchgedrungen. Vielmehr schwankt er. Bald besteht er auf der Sicherheit der Vernunft-Erkenntniss, ja er zieht sie der sinnlichen Erkenntniss weit vor, weil diese letztere unsicher sey, da die Sinnesorgane fehlerhafter Dispositionen fähig sind—, dann wieder gesteht er zu, dass die Vernunft-Erkenntniss zu ihrem Anfange allerdings die sinnliche Erkenntniss habe, über die sie sich durch Abstraction zu allgemeinen Wahrheiten erhebe, — endlich aber spricht er sich wieder ganz im Sinne des Empirismus aus, wenn er nachdrücklich behauptet, dass der Geist von sich selbst keine so deutliche Vorstellung habe, wie von den Körpern, indem nur Gött sich wirklich erkenne. - In seiner Ansicht dagegen vom Praktischen zeigt sich dies

Schwanken nicht, immer ist das Handeln durch die Beschaffenheit der Dinge bestimmt. ~ Nachdem er sich nun jene Frage kurz beantwortet hat, geht er zu einer andern, wichtigern, über, nämlich zu der, ob der Mensch, wenn er nun auch das Wesen der Dinge erkannt hat, auch die Fähigkeit habe, dieser Erkenntniss gemäss zu handeln. Er sieht ein, dass ohne diese Fähigkeit er keine Verbindlichkeit haben kann, und nachdem er gesagt hat, dass die Verbindlichkeit sich nach dem Grade der Erkenntniss richte, so dass Jeder versuchen müsse, so weit er erkenne, dem gemäss zu handeln, beantwortet er die Frage nach der Freiheit des Menschen ganz dem empirischen Standpunkt gemäss, indem er sie als Thatsache ansieht, von deren Richtigkeit sich Jeder durch Versuch überzeugen könne, Ein solcher Versuch werde zeigen, dass eine absolute Prädestination nicht Statt finde, vielmehr Vieles in des Menschen Hand gegeben sey. Ganz beiläufig wird dann, eben nur als eine empirische Bemerkung hinzugefügt, dass die Macht des Menschen, eine Handlung zu unterlassen, viel weiter reiche, als die, eine zu begehn, da bei dem Letzteren weit häufiger hemmende Umstände eintreten. 4)

Nachdem Wollaston so die Grundlage seines Moralsystems gegeben, sucht er nun auch ein System der Pflichten darauf zu bauen. Natürlich geht seiner Ansicht gemäss immer erst eine theoretische Betrachtung desjenigen Objectes voraus, worauf das Handeln gerichtet ist. Es wird darum erst eine

Entwicklung der Eigenschaften Gottes gegeben, die nichs Eigenthümliches hat, und aus den Sätzen, die darüber handeln, leitet er dann die Pflichten gegen Gott ab, welche er auf die drei ersten Gebote des Dekalogs zurückführt. Er geht dann zur Betrachtung der Menschheit über, und nachdem er als den Zweck jeder Gemeinschaft, also auch als den Zweck des Zusammenlebens der Menschen überhaupt, die Glückseligkeit bestimmt hat, leitet er daraus das Gesetz ab, dass nichts geschehn dürfe, was die Glückseligkeit andrer Menschen turbire. Eben so aber ist dann endlich die eigne Glückseligkeit zu befördern nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht, da ihre Vernachlässigung den unwahren Satz involvirt, dass Glückseligkeit keine Glückseligkeit sey. - Den Schluss seines Werkes bilden die Vorschriften für das Leben in bestimmten Verhältnissen, in der Familie, so wie endlich die den Einzelnen als solchen betreffen, die hier natürlich übergangen werden müssen. 5)

2) Eine solche Autonomie, wie sie dem handelnden Subjecte zukommt, wo es ein selbst aufgestelltes Ideal, kurz seinen eignen Gedanken zu verwirklichen hat, hatten weder Clarke noch Wollaston ihm gelassen. Dennoch ist bei ihnen die gute Handlung noch nicht ganz determinirt, und also der Spontaneität des Subjectes noch viel eingeräumt. Die Entscheidung nämlich, sich der Natur

der Dinge gemäss zu verhalten oder nicht, kommt allein ihm zu. Clarke spricht es ausdrücklich aus, dass die Thätigkeit des handelnden Subjectes ganz frei sey, ja dass das Erkennen gar nicht einmal einen Einfluss auf das Handeln habe, höchstens durch das handelnde Subject zu einer Veranlassung zum Handeln gemacht oder als solche genommen werden könne. Auch bei Wollaston erscheint es als ganz gleich möglich, die Lüge oder die Wahrheit zu verwirklichen, obgleich bei ihm schon ein Moment hervortritt, welches zu dem letzteren mehr determinirt, es ist nämlich der Wunsch nach der Glückseligkeit. Was hiermit angedeutet ist, muss, um diesen ganzen Standpunkt in seiner Reinheit darzustellen, mehr hervortreten. Dies geschähe, wenn auch das Sich-Entscheiden des Subjectes als das Product einer natürlichen Determination gefasst würde. Dies geschieht nun, indem der Begriff der angebornen Neigungen zum eigentlichen Mittelpunkte der Moralphilosophie gemacht wird. Diese werden nicht als das Product des Willens angesehen, sondern vielmehr sind sie das Erste, sie werden nicht von dem Subjecte gemacht, sondern es findet sich mit ihnen begabt. Die Neigungen bestimmen den Menschen, und indem er sich

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von ihnen bestimmen lässt, handelt er gut. Mit einer solchen Ansicht nähert sich das Moralsystem natürlicher Weise dem antiken, heidnischen, Standpunkt, auf dem die Moral nur als Tugendlehre erschien, der moderne Begriff der Pflicht, welcher das negative Verhalten gegen die natürlichen Determinationen enthält, muss hierbei zurücktreten. Es ist deswegen nicht zu verwundern wenn der Mann welcher zuerst diesen Standpunkt geltend machte, durch die klassischen Studien gebildet war, ja, nicht nur hinsichtlich der Form sondern auch des Inhalts seiner Lehre, als in der schönen klassischen Zeit wurzelnd erscheint. Dieser Mann ist":

Shaftesbury.

Anthony Ashley Cooper, Graf von Shaftesbury, der Enkel des ersten Grafen von Shaftesbury und Grosskanzlers von England, wurde in London am 26. Februar 1670 geboren, und empfing unter den Augen seines Grossvaters seine erste Erziehung. Wichtig ward es für ihn, dass auch der weibliche Theil derselben in die Hände der Mistriss Birch fiel, die, eines Schullehrers Tochter, das Latein und Griechische fertig las und sprach, so dass im eilften Jahre er in beiden Sprachen ziemlich fest war. Im Jahre 1683 kam er auf die Schule zu Winchester, und brachte dort eine Zeit zu, die Vieles schmerzliche für ihn hatte, da die politischen

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