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different. Obgleich nun jeder wahre Satz mit einem andern wahren Satze gleich wahr ist, so folgt doch daraus nicht, dass nicht ein gradueller Unterschied Statt finden könne zwischen solchen Handlungen, die schlecht sind. Setzen wir den Fall, es entwende Jemand dem Andern eine Sache, so begeht er ein Verbrechen, weil er diese Sache nicht als das behandelt, was sie ist, als das Eigenthum eines Andern; entwendet er ihm aber eine Sache, die das 10000fache von jener ersten werth ist, so ist es, als wenn er jene 10000mal entwandt hätte, sein Unrecht ist also grösser. Ein Unrecht ist also grösser, wo es mehreren wahren Sätzen widerspricht, oder wo die Wahrheit, die es verletzt, so wichtig ist, dass sie gleichsam mehrere in sich enthält, die alle zumal in ihr verletzt wurden. 1)

Indem Wollaston als Moralprincip ausgesprochen hat, dass die Handlang gut sey, die einen wahren Satz enthalte, fühlt er selbst, dass er hier zu einer ganz formellen Bestimmung gekommen ist, eben so formell wie etwa die wäre, dass eine Handlung gut sey, die einen guten Grund, oder Zweck u. s. w. habe. Er sucht diesem leeren Formalismus abzuhelfen, und eine nähere Bestimmung hinsichtlich des Inhalts der guten Handlung zu gewinnen. Bei diesem Bestreben nähert er sich nun in manchen Punkten der Ansicht von Sam. Clarke, indem auch er das Verhältniss der verschiednen Dinge, und ihre gegenseitige Angemessenheit zu beachten

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nicht umhin kann: Es muss nämlich ein jedes Ding nicht nur beurtheilt werden, wie es an sich ist, denn dies gäbe nur eine einseitige Beurtheilung, sondern man muss zu gleicher Zeit alle Beziehungen des Dinges mit in Betracht ziehn, und es in seiner Ganzheit nehmen. Im andern Fallé nehmen wir es nicht wie es ist, sondern wie es nur zum Theil ist, zum andern Theil aber nicht ist. Dies ist nun bei der Beurtheilung einer Handlung sehr wichtig. Z. B. Einer stiehlt ein Pferd und reitet damit fort, so ist zwar der Satz, dass das Pferd zum Reiten da sey, wahr, dennoch aber jene Handlung ein Unrecht, weil er das Pferd nur als Pferd und nicht zugleich als das Pferd eines Andern behandelt. Ein Satz hinsichtlich eines Dinges ist nur wahr, wenn er die ganze Natur desselben berücksichtigt, deswegen ist nur das wirklich wahr, was der Natur des Gegenstandes gemäss ist, und seiner Natur gemäss ihn zu behandeln, ist der Wahrheit gemäss, d. h. gut. Jenes nur formale Princip ist also näher dahin bestimmt, dass die Handlung gut ist, welche der Natur des Gegenstandes gemäss ist. Diese Natur ist nichts Andres als die Bestimmung desselben, und da diese ihm von Gott gegeben, so erscheint es als ein Ungehorsam gegen Gott, wenn die Dinge anders behandelt werden, als ihre Natur es verlangt. Was also bestimmt, wie sie behandelt werden müssen, sind nicht etwa der Vernunft inwohnende Gesetze a priori, Wollaston nennt dies der Moral nur einen wankenden Grund geben, da

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es keine solche allgemeine Vernunftprincipien gebe sondern das grosse Gesetz der Religion, oder

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der Natur ist, dass die Dinge als das behandelt werden, was sie sind. (Damit bestimmt also nicht sowohl ein Sollen, als vielmehr nur das Seyn die Handlung und ihren Werth.) 2)

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Aber auch diese Bestimmung scheint Wollaston noch nicht genügt zu haben, und er führt deswegen in seine Sittenlehre noch einen andern Begriff ein, den Begriff der Glückseligkeit, und sucht nun nachzuweisen, dass das Suchen derselben mit dem Verwirklichen der Wahrheit zusammenfalle. Beides, sagt er, sey so mit einander verbunden, dass Keines ohne das Andere denkbar, das Eine mit dem Andern gesetzt sey. Um den Begriff der Glückseligkeit zu fixiren, geht er von dem des Vergnügens aus. Vergnügen ist Bewusstsein von etwas Angenehmen, Schmerz von etwas Unangenehmen. Da das Bewusstsein dazu nöthig ist, so bestimmt nicht die äussere (Schmerz oder Vergnügen erregende) Ursache den Grad desselben, sondern dieser ist das Product der Ursache und des Grades der Perception, d. h. eine stärkere Ursache kann bei geringerer Perception einen schwächeren Grad von Schmerz oder Vergnügen erregen. Ein gleicher Grad von Schmerz und Vergnügen hebt sich auf, wiegt eines oder das andere vor, so ist der Ueberschuss die wahre Quantität von Vergnügen oder Schmerz, oder was dasselbe heisst, die Quantität wahren Vergnügens oder Schmerzes. Glückseligkeit ist nun

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nichts Anderes als die Summe wahren Vergnügens. Ein Vergnügen, das mit einem grössern Schmerz erkauft wird, ist keine Glückseligkeit, weil hier ein Ueberschuss von Schmerz, also Unglückseligkeit, gesetzt ist,. eben so, wo Vergnügen und Schmerz gleich sind, ist keine Glückseligkeit, sondern sie besteht in dem Ueberschuss des Vergnügens über den Schmerz d. h. im reinen oder wahren Vergnügen. Dieses kann nicht in Etwas bestehn, was der eignen Natur widerspricht; was mit der eignen Natur streitet, oder ihr verderblich ist, kann nicht angenehm seyn, und eben deswegen nicht glücklich machen. Dieser Satz, welcher eigentlich Beides verbindet, das Princip der Glückseligkeit und der Wahrheit, ist von Wollaston nicht streng bewiesen; um es zu thun flüchtet er zu der Vorstellung von Gott, und zeigt, dass, wenn ein Geschöpf, indem es sich seiner Natur und also Gottes Ordnung widersetzte, glücklich wäre, es sich damit mächtiger zeigte als Gott, was absurd sey. Es ist hier eine Lücke nicht zu leugnen, sie kommt dadurch, dass Wollaston hier gleichsam auf der Schwelle steht, die zu einer weitern Moralansicht führt, welche bei empirischer Grundlage nicht ausbleiben kann, dem reinen Eudaimonismus. Nur noch auf der Schwelle, deswegen behauptet er durchgängig, dass die objective Beschaffenheit der Dinge das Handeln bestimme, zu gleicher Zeit aber ahndet er schon, dass das Bestimmende nur das eigne Vergnügen sey, als Mitglied schiebt er ein, angenehm

und Vergnügen sey nur, was der eignen Natur und Bestimmung entspreche. Dies Mittelglied bleibt aber eine Versicherung, eben so wie es eine blosse Versicherung, oder, wie Wollaston selbst sagt, ein Postulat ist, dass Schmerz ein Uebel in seinem Sinn sey, d. h. eine Unwahrheit enthalte. Von hier aus geht er dann so weiter: Wahre Glückseligkeit kann nur das gewähren, was der Bestimmung des Wesens gemäss ist, und wenn das Wesen etwa doppelter Natur ist, wie der Mensch, was der Bestimmung seines edlern Theils entspricht. Daher macht den Menschen nur glücklich, was der Vernunft entspricht. Macht dem Menschen das Unvernünftige Vergnügen, so setzt er sich mit sich selbst in Widerspruch, indem er ausspricht:,,er sei ein unvernünftiges Wesen," was ein unwahrer Satz ist. Da so das Verwirklichen der Wahrheit und das Suchen der Glückseligkeit ein und dasselbe ist, so beruht alle natürliche Religion auf der Vereinigung von Wahrheit und Vernunft und Glückseligkeit, und als ihre eigentliche Definition wird aufgestellt, sie sey das Suchen der Glückseligkeit durch Verwirklichen der Wahrheit und Vernunft. 3)

Wenn nun das Wesentliche dieser Lehre ist, dass die Beschaffenheit der Dinge das Handeln bestimmt, und also dasselbe durch das Erkennen derselben bedingt ist, so ist auf diesem Standpunkt für die Moral die theoretische Frage, wie wir die Dinge und ihre Beziehungen erkennen, von der grössten Wichtigkeit. Wollaston wirft sie sich daher auch auf.

Wenn er nun dieselbe nicht so beant

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