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Empirismus erkannt. Er ergänzt darin eine Lücke, welche Locke nachgelassen hatte, und gesteht den materiellen Dingen damit so viel zu, wie selbst der Vater des Empirismus nicht gewagt hatte. Er geht auch darin weiter als Locke, dass er nicht nur, wie dieser, es als möglich ansieht, dass einem materiellen Wesen das Denken inwohne, sondern vielmehr es für unmöglich hält, dass Etwas denke, was nicht materiell ist, ein ahndender Blick gleichsam auf jene Vollendung des Realismus, in der das Denken nicht nur auch mit materiellen Vorgängen begleitet, sondern selbst nur ein materieller Vorgang seyn wird. Endlich indem er das urgirt, was Locke selbst ausgesprochen hatte, dass die Reflexion nur Betrachtung der Beschäftigung mit sinnlichen Ideen ist, weist er darauf hin, dass daraus consequenter Weise folgt, dass die Reflexion auf der Sensation beruhe, und seine Polemik ist hier treffend, weil sie den Gegner mit seinen eignen Waffen schlägt.

7. Samuel Clarke ist nach Locke und Newton der beliebteste englische Philosoph. Auch er steht auf dem Boden des Empirismus, weil aber seine Untersuchungen nicht sowol auf die Beobachtung der Natur gingen, sondern vielmehr die Aufgabe

hatten, theils diesen Standpunkt selbst zu rechtfertigen, theils einzelne metaphysische Probleme zu lösen, so ist er für die Geschichte der Philosophie von grösserer Bedeutung, als sein Lehrer, Newton, mit dem er sonst auf keine Weise verglichen werden kann. Sein mindestes Verdienst besteht in der Lösung theoretischer Fragen. Von den drei Punkten, die er besonders betrachtet, (die Existenz Gottes, die Immaterialität des Geistes, und die Freiheit des Menschen) ist er in dem ersteren nicht viel weiter gekommen als Locke, im zweiten hat er sogar diesen weiter gehn lassen, indem derselbe bereits dem Ziel des Realismus näher kommt, nur in dem letzten hat er den Lockeschen Begriff des Wollens als der Möglichkeit, eine Action hervorzubringen ausführlicher, und in mancher Hinsicht besser, erörtert als Locke selbst. Dagegen hatte dieser in seinem System eine sehr wesentliche Lücke gelassen, sie betraf das Praktische. Wie dies auf dem Standpunkt des Empirismus behandelt werden müsse, dazu fehlten zwar bei ihm die Andeutungen nicht. Zum Handeln bringt nach Locke nicht etwa die Einsicht, oder auch die Vorstellung eines Guts, sondern nur das Gefühl des Mangels. Locke kennt also den Willen nur, wo er der durch Mangel de

terminirte, d. h. natürlicher Wille, oder Trieb, ist. Weil er über diesen Standpunkt nicht hinausgeht, und auch nicht hinausgehn kann, deswegen ist ihm Gut, was dem Mangel abhilft, Uebel, was ihm nicht abhilft, oder ihn mehrt. Den Complex der Güter, oder die Glückseligkeit, soll der Mensch suchen, weil er ihn suchen muss. Es sind also die natürlichen Determinationen des Willens die so zum Moralprincip gemacht werden, und in der That kann von einem System, welches den Geist in theoretischer Hinsicht ganz passiv seyn lässt, eben so wenig erwartet werden, dass es die Autonomie der Vernunft zum Princip alles Handelns mache, als etwa bei einem System, welches alles Erkennen als Setzen fasst, präsumirt werden kann, dass seine Moral eine empirische Grundlage haben werde. Der Empirismus kann den Willen nicht anders nehmen, als wie er natürlich determinirt ist, und darum hat ihn auch Locke so genommen. Welches aber seine natürlichen Determinationen sind, hat er unbestimmt gelassen; diese näheren Inhaltsbestimmungen haben nun die bald nach ihm aufgestellten Moralsysteme gegeben. Sie enthalten daher nicht sowol eine weitere Ausbildung des Empirismus, als sie vielmehr demselben Standpunkt entwachsen

sind, aus welchem Lockes Philosophie hervorging. Wenn Clarke nur zum Theil zu ihnen zu rechnen ist, so werden wir ihn eben sowol von ihnen zu trennen, als mit ihnen zu verbinden haben.

Clarke und die englischen
Moralsysteme.

§. 8. Clarke.

Samuel Clarke ) wurde am 11. Oct. 1675 zu Norvich geboren, kam im Jahr 1691 aufs CajusCollegium in Cambridge, wo er, selbst kaum ein und zwanzig Jahr alt, dazu beitrug, dass die Descartessche Philosophie, welche dort herrschte, den Newtonschen Ansichten anfing Platz zu machen. Namentlich geschah dies durch die Anmerkungen, welche Clarke seiner lateinischen Uebersetzung der Physik des Cartesianers Rohault hinzufügte 2). Im

1) Account of the life, writings and character of Dr. Clarke, by Benj. Hoadley, Lord-Bishop of Wincester, in Clarke's Werken. 1731. fol. Vol. 1.

Whiston historical memoirs of the life of Dr. S. Clarke. 1738. 8vo.

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Sammlung von merkwürdigen Lebensbeschreibungen, grösstentheils aus der brittanischen Biographie übers. und mit einer Vorrede von J. S. Semler herausgegeben. Halle 1762. 7r Bd. p. 383 ff.

2) Jacobi Rohaulti Physica; latine vertit, recensuit et ube

Jahre 1698 ward er Kapellan bei dem Bischof von Norvich, Dr. Joh. Moore, und schrieb als solcher seine drei praktischen Versuche 3) über theologische Gegenstände, so wie eine anonyme Schrift ) gegen das von Toland verfasste Werk: Amyntor or a defense of Milton's life. Im Jahr 1701 begann er seine Paraphrase der vier Evangelien $). Zum Rector in Drayton ernannt, hielt er in den Jahren 1704 und 1705 die durch die Boylesche Stiftung bestimmten Predigten, welche er nachher umgearbeitet herausgab 6), und welche oft aufgelegt worden sind. Sie sind das Hauptwerk des Clarke. Im Jahr 1706 erhielt er das Rectorat von St. Bennet Pauls Wharf in London, und endlich, nachdem er vorher seine Schrift gegen Dodwell's Epistolary discourse ver

rioribus iam annotationibus ex illustrissimi Isaaci Newtoni Philosophia maximam partem haustis amplificavit et ornavit S. Clarke, S. T. P. 1697. 8vo. 4te Aufl. 1715. 8.

3) Three practical essays on baptism confirmation and repentance, containing full instructions for a holy life with earnest exhortations etc. Fünfmal aufgelegt.

4) Some reflections on that part of a book called Amyntor or a defense of Milton's life, which relates to the writing of the primitive fathers and the canon of new testament in a letter to a friend.

5) A Paraphrase on the four Evangelists etc. Viermal aufgelegt. 2te Aufl. Lond. Knapton.

6) A discourse concerning the being and attributes of God, the obligations of natural religion and the truth and certainty of the christian revelation ete. London Knapton 1705 et 6. 2 Vol. Dann oft aufgelegt,

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Französisch von Rinotier: Traité de l'existence et des attributs de Dieu, des devoirs etc. 2te Aufl. Amst. 1727.

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