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niss zu fassen. Dem Le Vayer sind sie etwas viel Sichreres als die Axiome der Vernunft, ja Huet sagt schon geradezu, der einzige Weg, auf welchem Ideen in den Geist kommen, seyen die Sinne.

5. In allen diesen Punkten ist bereits der erste Schritt dazu gethan, was (Th. I. Abth. II. p. 102) als die Aufgabe des Realismus erkannt war; aber nur furchtsam hat der philosophirende Geist diesen Schritt gethan, und steht noch weit vom Ziele, daher die mindere Bedeutung dieser Systeme, denn ohne Muth gibt es keine Heroën. Noch hat der Geist es nicht gewagt, das Allgemeine ganz wegzuwerfen und nur den Einzelwesen eine eigentliche Realität zuzuschreiben. Er hat es noch nicht gewagt, gegen sich selber gerichtet, sich von dem, was,,blosser Gedanke" ist, abzuwenden, und nur mit dem sich zu beschäftigen, was ihm als ein Reelleres erscheint, dem Materiellen. Zwar misstrauisch gegen sich selbst, hat er es doch noch nicht gewagt, offen seinen Banquerout auszusprechen, indem er sich als leer bekennt, und nur von der Aussenwelt Hülfe für seine Leerheit erwartet. Er hat es noch nicht dazu gebracht, dass er, ganz auf sich verzichtend, zwar das Seyn des Materiellen nicht bezweifelt, wohl aber zweifelhaft wird an sich

selber und seiner Existenz. Das Verdienst nun, diesen nothwendigen Schritt zum Ziel hin (und also vorwärts) gemacht zu haben, gehört dem Engländer John Locke, dem Vater des modernen Empirismus und Materialismus. Zwar kann die Aufgabe, die er sich gestellt hat, unerfreulich erscheinen, und mit mehr Bewunderung sich der Blick auf seinen grösseren Antagonisten wenden, der im Gegensatz gegen ihn, den Geist als die allgenugsame, Alles in sich tragende und aus sich erzeugende Monade erkannte. Aber staunt der Beschauende gleich mit grösserer Erhebung den Pfeiler an, der die Kuppel des Doms trägt, dem Bauverständigen ist das Gewölbe nicht minder bewundernswerth, worauf die Pfeiler sich stützen. Der Empirismus ist in der Entwicklung der Philosophie ein so nothwendiges Moment, als die Monadologie des Leibnitz. Die Darstellung der Philosophie des Locke wird zeigen, wie in ihr ein weiterer Schritt zur Ausbildung der, als nothwendig erkannten, Einseitigkeit gemacht wird, und wie in allen von den Skeptikern und Mystikern angedeuteten Punkten er als der weiter Ausbildende erscheint. Dies Verhältniss allein wird gemeint, wenn gesagt wird, die Skeptiker und Mystiker bildeten den Uebergang

von dem früheren (spinozistischen) Standpunkt zu dem des Locke. Es soll damit gar nicht behauptet werden, dass sie den Spinozismus so zu ihrem Ausgangspunkte hätten, dass von ihnen seine Lehre aufgenommen und mit Bewusstsein weiter ausgebildet sey. Mit einer solchen genetischen Entwickelung haben wir es nicht zu thun, obgleich auch solcher Anknüpfungspunkte mehr Statt finden möchten, als man meint, wie eben sowol die spinozistischen Elemente in den Mystikern, als die Polemik der Skeptiker gegen Spinoza zeigen. Eben so wenig kümmert es uns, ob Locke, und in wie weit er die Skeptiker und Mystiker gekannt und benutzt habe. Genug, dass es nothwendig war, dass dem spinozistischen Standpunkt gegenüber sich eine einseitige, realistische Tendenz ausbilden musste, dass auf diesem Wege der erste Schritt von den Mystikern und Skeptikern gemacht, die erste Tagereise von Locke beendigt wurde.

§. 2.

Leben und Schriften des John Locke 1).

John Locke wurde in Wrington, einem Marktflecken in Sommersetshire im Jahre 1632 geboren, an welchem Tage, ist nicht bekannt, Den ersten Unterricht erhielt er in Westminster und kam darauf ins Christs - Church Collegium nach Oxford. Das Studium der Philosophie wurde ihm hier dadurch verleidet, dass nur die scholastische Philosophie gelehrt ward. Obgleich von Allen für den talentvollsten Schüler anerkannt, hielt er sich dem philosophischen Studium nicht gewachsen und zog sich ganz von ihm zurück. Die Schriften des Cartesius, die ihn durch ihre Klarheit und Bestimmtheit anzogen, führten ihn diesem Studium wieder zu, und er ward im Jahre 1655 Baccalaureus, im Jahre 1658 Magister. Sein Hauptstudium blieb aber, nach wie vor, die Medicin, zu der ihn nicht sowol die Neigung, einmal praktischer Arzt zu werden, als vielmehr theoretisches Interesse, und die Rücksicht auf den eignen kränklichen Körper, gebracht zu haben scheinen. In diesem Fach hat ihn sogar

1) Jean le Clerc Eloge historique de feu Mr. Locke in seiner Bibliothèque choisie 6r. Bd., auch in seiner französischen Uebersetzung der Postumous works of Locke.

Ferner: seine Lebensbeschreibung in der französischen Uebersetzung seines Essay von Coste.

Endlich: Works of John Locke in ten volumes London 1812. Vol. 1. The life of the author.

Sydenham 2) als eine bedeutende Autorität angesehn. Seine Studien wurden auf ein Jahr dadurch unterbrochen, dass er als Secretair den Gesandten am Brandenburgischen Hofe, William Swan, nach Berlin begleitete. Nach seiner Rückkehr ging er wieder nach Oxford, wo er sich namentlich mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigte. Hier machte er auch, durch ärztliche Hülfe, die er erwies, die für sein Leben so wichtige Bekanntschaft mit dem Lord Anthony Ashley, später Grafen von Shaftesbury, in dessen Hause er die freundlichste Aufnahme und den Umgang mit den bedeutendsten Männern Englands genoss. Eine Reise nach Frankreich, die er im Jahre 1688 mit dem Grafen Northumberland machte, unterbrach denselben nicht lange; nach seiner Rückkehr knüpfte sich das Band mit Lord Ashley noch enger, da Locke mit seinem Rath bei der Wahl einer Schwiegertochter ihm zur Seitę stand. Die Wahl fiel glücklich aus, und der älteste Sohn aus dieser Ehe (der berühmte Verfasser der Characteristics) wurde später Locke's Schüler. Im Jahre 1670 entwarf Locke auf Zureden mehrerer Freunde, worunter Tyrrel, Dr. Thomas u. A., den ersten Plan zu seinem berühmten Essay of human understanding, einige Jahre später erst kam das Werk heraus. Um diese selbe Zeit ward er auch Mitglied der Royal Society. Als im Jahre 1672

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2) Observationes medicae circa morborum acutorum historiam et curationem.

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