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dumpfer Luft schmachten.

Man behandelte ihn

wie einen förmlich tollen Menschen, was er doch gewiß nie war. Der höchste Grad von Hypochondrie und seine natürliche Neigung zur Melancholié zogen ihm Anfälle von Wahnsinn zu, die bis an feinen Tod von Zeit zu Zeit wiederkehrten, aber nie von langer Dauer waren, und seine Vernunft nie ganz zerrůtteten. Der zuverläßigste Beweis davon ist, daß er in diesem unglücklichen Zeitraum feines Lebens noch so viel, unter andern seine vor. treflichen Dialogen, geschrieben hat, die einen Schaß voll richtiger Bemerkungen und gesunder Vernunft enthalten. Einzelne wenige Fälle ausgenommen, schien sein Geist, so bald er nur die Feder ergriff, feine vollkommené Kraft und seinen ungetrübten Glanz wieder zu erhalten. Sein unglückliches Schicksal hatte er sich selbst in den schönen Versen feines Amints geweißagt:

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Or tu non fai
Ciò, che Tirfi ne fcriffe? allor che ardendo
Forfennato egli errò per le forefte,

Si ch'infieme movea pietate é rifo
Nelle vezzofe Ninfe e ne' Paftori?
Nè già cofe fcrivea dégne di rifo,
Sebben cofe facea degne di rifo.

Durch die rührendsten Gedichte suchte er den Herzog und seine Schwestern zu erweichen, aber fie wirkten so wenig, als die Verwendung mehrerer Fürsten. Nach und nach lernte er seinen Zustand geduldiger ertragen, und vertrieb sich die Zeit mit $ 5 Dich

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Dichten und Philosophiren. Auch hatte er den Trost, daß ihn mehrere Fürsten und eine Menge berühmter Månner in seinem Gefängniß besuchten, und ihm ihre Theilnahme an seinem unverdienten Schicksal bezeigten. Hingegen erschien 1580 zu seinem großen Leidwesen die erste, verstümmelte, Ausgabe seines befreyten Jerufalems in vierzehn Gefången, ohne sein Vorwissen. Da Tasso selbst auch in der Folge nie eine eigene Ausgabe seines Werks besorgen konnte, und die besten vorhande nen Ausgaben voller Fehler und Mångel sind, so wåre sehr zu wünschen, daß man endlich, mit Zu ziehung der vorhandenen Manuscripte und besten Abdrücke, eine Ausgabe veranstaltete, die die ein zelnen Vorzüge der frühern vereinigte, und frey von den Gebrechen derselben wåre. Eine solche ver spricht der Verf. selbst zu liefern, wenn die Um stånde es ihm erlauben würden, und schwerlich möchte jemand zu dieser wünschenswerthen Arbeit mehr Hülfsmittel besigen als eben er. - Tassos körperlicher Zustand verschlimmerte sich indeß im mer mehr, was vielleicht mit eine Folge seines Eis genfinns und seiner wenigen Biegsamkeit unter die Vorschriften seines Arztes war. So schrieb er einst an einen Freund: volentieri mi caverei fangue, e mi farei un altro cauterio 'nel braccio. Ma quello della gamba e l'astinenza del vino fone rimedj troppo faftidiofi. Tafso war ein großer liebhaber von Schau. spielen, Mummereyen, Turnirén, und sehr ver. gnügt, wenn er Erlaubniß bekam, in Begleitung

eines Freundes, ihnen als Zuschauer beyzuwohnen.

Die erste Veranlassung zu dem berüchtigten Streit über den Werth des befreyten Jerufalems, und die Frage: wem von beyden der Vorzug ges bühre, dem Tasso oder Ariost? gab ein Freund und Bewunderer des ersten, Camillo Pellegrino, der in Privat- und öffentlichen Unterhaltungen den ra senden Roland tief unter das befreyte Jerusalem feste. So einseitig dieß Urtheil war, so verzeih lich ist es einem an Methode und Regein gewöhne ten Gelehrten, der die Regelmäßigkeit dieses leßtern Gedichts bey seinen übrigen Schönheiten nicht genug bewundern konnte, und wirklich war sie auch bey allen frühern epischen Dichtern der Nation ohne Beyspiel. Da seine Meynung viel Widerspruch fand, so hielt Pellegrino es für Pflicht, seine Gründe ausführlich auseinander zu sehen, und schrieb zu diesem Zweck den berüchtigten Dialog Fl Carrafa ovvero dell' Epica Poefia, der 1584 in Florenz von Scipione Ammirato herausgege ben ward. Dagegen erhob sich Salviati (der einige Zeit zuvor die Freundschaft des Tasso gesucht, und bey ihm die besten Gesinnungen gefunden hatte,) in einer Vertheidigung des Orlando, die voll Wiß und Gelehrsamkeit, aber auch voll Bosheit und harter, blos von der Leidenschaft eingegebener Urtheile ist. So sehte er z. B. das befreyte Jerusalem unter den Orlando des Boyardo und den Morgante des Pulci herab. Obgleich seine Res plik unter dem Namen der Akademie della Crusca erschien, so ist doch gewiß, daß der größere Theil der

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Gesellschaft keinen Theil an dem Streit nahm, und das harte Verfahren des S. nichts weniger als billigte. Diese Schrift hatte gar nicht die Wir kung, die sie haben sollte. Sie machte dem Taffo mehr Freunde als Gegner, indem seine unglückli chen Schicksale, statt des Neides, Mitleid gegen ihn erregten. Tasso vertheidigte sich mit Würde und Mäßigung. Unter den Beschuldigungen, die S. dem befrenten Jerusalem machte, befanden fich auch folgende, aus denen man auf die Be fchaffenheit der übrigen schließen kann. Dieses Gedicht, sagte er, ist eine bloße Geschichte ohne Fiction (fenza favola) es ist ein dürftiges, magres, widerliches, unverhältnißmäßiges Gedicht -es enthält ein Gemisch von Latinismen und fremden, seltsamen, neuen und lombardischen Aus drücken die Verse sind oft rauh und hüpfend die Gleichnisse sind niedrig und pedantisch Sitten könnten besser seyn u. s. w.

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die

Die Vorbitten, die für die Freyheit des Dich ters bey dem Herzog geschahen, wurden immer dringender und häufiger, und wahrscheinlich blieb er nur deshalb so lange unerbittlich, und gab nur erst den Vorstellungen seines Verwandten, des Her zogs von Mantua, nach, weil er fürchtete, Tasso möchte sich mit den fürchterlichen Waffen, mit de nen ihn die Natur versehen hatte, wegen der lan, gen Gefangenschaft und den erlittenen Verfolgun gen råchen wollen; dieser aber versprach, ihn gleiche fam in Verwahrung zu nehmen, und nicht ohne feine Erlaubniß aus Mantua zu lassen. Im J.

1 586 erhielt er endlich die Freyheit, duldete aber vorher im Gefängniß noch viel von Krankheit und` den Schreckbildern feiner erhißten Phantasie. Vorzüglich hatte er in seiner Einbildung viel von einem Poltergeist zu leiden. Es erweckt ein schmerzhaft rührendes Gefühl, wenn man einen so großen Geist mit kindischer Unbefangenheit über die Ver. folgungen dieses selbst geschaffenen Wesens (oder vielmehr des bösen und diebischen Buben, der die Rolle dieses phantastischen Geistes spielte) klagen hört. Neppur, schreibt 'er in einem von dem Verf. zuerst bekannt gemachten Briefe an einen feiner Verwandten, neppur ho veduto alcun principio di mutazione in meglio; anzi le cofe peggiorano molto: perciocchè il diavolo, col quale io dormiva e paffeggiava, non avendo potuto avec quella pace ch' ei voleva meco, è divenuto manifefto ladro de' miei danari, e me gli toglie da doffo quando io dormo, ed apre le caffe, ch' io non me ne poffo guardare. E quantunque abbia rubato difcretamente, non mi fido che voglia farlo del refto: pero mando a V. S. l'avanzo de' denari -- Prego V. S. che faccia ufficio, perch' io efca di mano del diavolo co' miei libri, o con le feritture, le quali non fon più ficuri de' denari. E fe la cofa non foffe certa, o non foffe così grande e ftraordinaria, che doveffe moverle a pietà, molti plicherei le preghiere etc.

Den

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