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nahm er denn freilich auch an. Aber auch die pog litischen Streitschriften, die er nun mit mehreren feiner Gegner wechselte, machten ihn seinen Dichs terberuf nicht vergessen. Sieben und vierzig Jahr war er alt geworden, ohne der Welt gezeigt zu has ben, daß er als Dichter etwas Außerordentliches zu leisten willens fen, und seit einigen Jahren war er schon völlig blind, als er Unstalt machte, die Littes ratur seines Vaterlandes durch drei große Werke zu erweitern; ein lateinisches Wörterbuch nach einem neuen Plane; eine Geschichte von England; und ein episches Gedicht. Wahrscheinlich aber hatte er vorg ber sich mit den Planen zu diesen Werken schon lange, beschäftigt. Die Ausführung derselben wurde durch seine, Blindheit auf keine Art gehemmt. Er dictirte, und ließ sich vorlesen. Seine Tochter besonders was ren ihm als Vorleserinnen behülflich. So entstand das verlorne Paradies, nachdem der Dichter für gut gefunden hatte, einen andern epischen Plan aufzugeben, den er früher gehabt haben soll; denn nach den Berichten der Litteratoren hatte Milton zuerst den angelsächsischen König Alfred zum Helden einer neuen Epopße gewählt. Ein religiofer Stoff war allerdings der ganzen Denkart dieses Dichters angemessener. Aber ehe er der Welt sein großes Gedicht vorlegen konnte, ereignete sich in England die politische Veränderung, durch welche das Kös nigthum wieder hergestellt wurde. Milton schien zwar in der

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begriffen Amnestte, die der neue König publicirte,

begriffen zu seyn, weil er nicht unmittelbar an dem Königsmorde Theil genommen; aber er hatte doch öffentlich als Schriftsteller die Hinrichtung Carl's 1. vertheidigt. Nach einem kurzen Arrest, der gegen ihn verhängt wurde, erhielt er seine Freiheit wies

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der.

der. Seit dieser Zeit mischte er sich nicht mehr in Staatsangelegenheiten. Die erste Ausgabe des vers tornen Paradieses erschien im Jahre 1667. Ein Ger dicht, wie dieses, das so wenig mit dem neuen Ges schmacke übereinstimmte, der von dem Hofe Carl's II. ausging, fonnte der Hofparret nicht sonderlich ges fallen; und zu der Hofpartei gehörten fast alle Dich: ter und Kritiker. Doch würde es im Jahre 1674 wieder gedruckt. Vier Jahr darauf erschien die dritte Auflage. Nachdem wenigstens ein nicht uns bedeutender Theil des Publicums dem verlornen Pas radiese Milton's Gerechtigkeit widerfahren lassen, ließ der Dichter noch in seinem Alter das wieders gewonnene Paradies auf das verlorne folgen. Den ersten Band seiner Geschichte von England hatte er bald nach dem verlornen Paradiese herauss gegeben. Auch ein lateinisches Handbuch der Logit verlängerte die Reihe seiner Schriften. Er starb im Jahre 1674.

Fast alle Gedichte Milton's sind ein Bild seis nes persönlichen Charakters, voll starker und sanfter, aber immer männlicher Gefühle; nach Grundsäßen fühn; nicht selten glühend von Eifer für das Wahre und Gute; entweder ganz religiós, oder wenigstens durch moralische Strenge sich dem religiösen Ernste nähernd; nie leichtsinnig; schwärs merisch desto öfter; und bei Gelegenheit auch per dantisch. Milton ist einer von den Dichtern, die auch in ihren poetischen Werken mehr, als Dichter, seyn wollen, und über das Ziel der Kunst hinaus. streben. Nicht nur im Leben galt ihm das religióse

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und moralische Interesse mehr noch, als das poes tische; auch die Musen sollten, nach seiner Dent. und Sinnesart, ihre Würde dadurch beweisen, daß fie nicht nur Priesterinnen der Wahrheit und Tus gend zu seyn sich bemühten, sondern auch nie and Ders, als gleichsam im priesterlichen Costume ers schienen. Spräche aus Milton's Gedichten nur ims mer der Mensch, als Mensch, seine sittlichen und religiösen Gefühle aus, so würde das poetische Ins teresse nicht dabei verlieren; aber auch die Grunds fäße der Kirche, zu der sich Milton bekannte, und der Partet, der er im Staate anhing, fonnte und wollte er nie verleugnen. Auch wo er diese Grunds fäße nicht eigentlich vorträgt, haben sie doch auf Seine ganze Vorstellungsart gewirkt. Seine Poesie ist also nicht diejenige, die man die gediegene nennen möchte, jener freie und nnbefangene Auss hauch der Seele, die sich sorglos mit der Natur befreundet und ohne Vorurtheil nach den Idealen strebt. Auch den fortdanernden Einflüssen der als ten gothischen Meinung, daß der Dichter, als Dichs ter, seine Gelehrsamkeit zeigen müsse, war Mils tön nicht entgangen. Uber Milton hatte doch eine so schöpferische Phantasie, ein so starkes und eis niges Gefühl für poetische Schönheit, und ein so ausgezeichnetes Talent zu einer gewissen Darstel lungskunst, daß er unter den Dichtern alter Zeiten und Völker einen der Ehrenpläße erringen konnte, welche die unbestochene Nachwelt ihren Lieblingen anweiset. Er ist einer der großen Dichter, deren Geist stark genug war, eine neue Bahn zu brechen, und reich genug, eine bewundernswürdige Fülle des Schönen aus sich selbst zu schöpfen. Das Oris ginale seiner Poesie ist unzertrennlich von seinem

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Charats

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Charakter. In dem Streben nach classischer Vollendung war noch fein englischer Dichter, außer Waller, so glücklich gewesen, wie Milton; und Waller ist doch nur in dieser einzigen Hinsicht werth, neben Milton gestellt zu werden. Milton ist, nächst Waller, der correcteste englische Dich! ter seiner Zeit; aber verglichen mit den spåteren Dichtern, in deren Reihe Pope glänzt, ist er doch noch sehr uncorrect. Seiner poetischen Sprache har man den Vorwurf gemacht, daß sie voll neuer, dem Lateinischen und Griechischen nachgebilderen Wörter und Phrasen, und folglich kein wahres Englisch sen. Aber der Streit über die Freiheit, die sich Milton bei der neuen Verarbeitung seiner Muttersprache genommen, sollte wenigstens nicht nach den Regeln der Sprache des gemeinen Lebens, und nicht einmal nach der Sprache der Dichtungse arten entschieden werden, die vor Milton in der englischen Litteratur cultivirt waren. Der lyrischs tühne Schwung, den Milton's Phantasie immer nahm, auch wenn er episch, oder dramatisch, dichs tete, theilte sich dem natürlichen Ausdrucke seiner Gedanken mit. Die Gewalt, die er seiner Muts tersprache anthat, damit sie mit seinen Gefühlen harmonire, mag zu tadeln seyn; aber affectirt ist feine Ausdrucksart nicht.

Milton's wohl erworbener Ruhm gründet sich vorzüglich auf sein Verlornes Paradies. Aber weder die Bewunderer, noch die Tadler dieses Ges dichts scheinen die hohe Schönheit und die großen Fehler desselben in richtigen Verhältnissen zu einans der erblickt zu haben. Vor aller Analyse des Gane zen und seiner Theile nach den Regeln der epischen Kunst

Kunst muß man es nach dem Eindrucke prüfen, den es auf ein unbefangenes und für religiöse Poesie überhaupt empfängliches Gemüth macht. Dieser Eins druck ist hinreissend und begeisternd. Die Herrschaft, Die Milton über uns ausübt, wenn sein Gefühl das unsrige berührt, ist Herrschaft des Genies. Seine Phantasie entführt uns in eine poetische Welt, die wir aus der Bibel und aus mehreren christlis chen Schriften schon zu kennen glauben, und in der uns doch fast Alles durch seine Größe und Neuheit überrascht. Aber das Interesse, das durch diesen Eindruck in uns aufgeregt und durch das ganze Gedicht behauptet wird, ist sehr verschieden von jes dem wahrhaft epischen Interesse. Eine bestimmte Aeußerung des Dichters, sogleich zu Anfange des ersten Gesanges; läßt uns die didaktische Tens Denz seiner Erfindung nicht bezweifeln. Milton, der sich auch in Poesie als ein Meister in der Kunst, etwas zu rechtfertigen, gezeigt hat, will durch das verlorne Paradies als Dichter die Wahrheit der Vorsehung anschaulich machen und "die Wege Cots tes zu den Menschen rechtfertigen *)." Ein Ges

dicht nach der Idee des wahren Epos hat keinen solchen Zweck. Es will uns ohne alle Beziehung auf ein didaktisches Resultat durch eine Rethe großer Ereignisse zu einer Begebenheit führen, mit wels cher das Schicksal ein merkwürdiges Ziel erreicht. Aber auch für die didaktische Poesie war Milton nicht

e)

That of the height of this great argoment

I may affert eternal Providence,

And justify the ways of God to Men.

Parad. lofi. 1.

Bouterwel's Gesch. d. schön. Redek. VII.B.

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