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liche Leben mit mehr Geistesfreiheit und Originas lität seinen poetischen Ideen unterworfen. Die ing nere Wahrheit der Dichtungen Shakespear's ist so bewundernswürdig, als die Fülle der Phantasie, die überall in ihnen herrscht. Auch nicht die schwächste .... Spur von Künstelei und Affectation wird man selbst da entdecken, wo die Phantasie dieses Dichters über die Grenzen des Geschmackvollen weit hinausschweift. Auch wo er im Tragischen gegen die Würde, und im Komischen gegen die Schicklichkeit der Darstels lung und des Ausdrucks fehlt, spricht doch immer aus dem Ganzen seiner Erfindungen die reinste und edelste Humanitắt ).

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Shakespear's dramatisches Genie vereinigte ́in fich so viele Kräfte und Talente, daß dieser Liebling des Himmels selbst unter den größten Dichtern des Alterthums und der neueren Jahrhunderte beinahe einzig dasteht. Denn tiefer, als Shakespear, hat kein Dichter in das Innerste der menschlichen Seele geblickt; und kein anderer hat eine solche Menge und Mannigfaltigkeit von Charakteren mit gleicher Wahrs heit und Wärme in poetischen Compositionen zusams mengestellt. Die Summe seiner Schauspiele ist eine moralische Welt. Diese Vereinigung von Empfängs

lichkeit

g) Die englischen Kritiker kommen, wenn sie Shakespear's poetische Berdienste preisen, zu oft auf die Natur zus rück, die tein Dichter so glücklich dargestellt haben soll. Shakespear heißt bey ihnen vorzugsweise the poet of Nature. So mag er heißen, wenn man sich über das Verhältniß der Poefte zur Natürlichkeit verstanden hat. Sonst aber tann Voltaire noch immer Recht behalten mit seiner unsaubern Reflexion: Mon c-1 eft auffi naturel; cependant je mets des culottes,

Bouterwek's Gesch, d. schön. Redek, VII, B.

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lichkeit und Kraft in einer und derselben Geistesthas tigkeit machte ihn fähig, ohne alle schulgerechte Theo: rie das höchste Ziel der Kunft zu erreichen; und ver hat es überall erreicht, wo er nicht dem Geschmacke feines Zeitalters zu sehr nachgab. Die prosatsche Wahrscheinlichkeit der Ereignisse in einer bestimmten Folge hat er in seinen Dichtungen oft zù sehr vérnachs lässigt; aber mit der Natur hat sich seine kühne Phantasie nie entzweiet. Keine seiner Darstellungen ist phantastisch. Die zarte Empfänglichkeit seines Gemüths wurde von einer höchst besonnenen Vers nunft bewacht, die, zwar nicht nach gelernten Res geln, aber desto mehr instinctmåßig und als heller Menschenverstand das Widersinnige von den Erfins dungen seiner Phantasie abwehrte. Zu vielen Fehr Tern hat ihn sein energischer Wih verleitet; aber eben dieser Witz, der sich zu gern nach dem wenig gebildeten Geschmacke seines Publicums richtete, hat dem Dialoge in Shakespear's Schauspielen das pis Fante Interesse und die Gewandtheit gegeben, durch die er ohne Zurüstung und Affectation fast immer überrascht. Was den Wih Shakespear's besonders charakterisirt, ist seine Verbindung mit dem tiefsten and innigsten Gefühle. Shakespear's schöne Seele lebte in der reinsten Sympathie mit der ganzen menschs Richen Natur. Darum konnte es ihm gelingen, die schöne Seite der menschlichen Natur auf so mannigs faltige Art hervorzuheben, und zugleich die gehas, sigsten Uffecten und Leidenschaften mit erschütternder Wahrheit zu zeichnen. In seinen dramatischen Chas rafteren erscheint immer zuerst der Mensch, und in dem Menschen der Staatsmann, oder der Held, der Verliebte, der Lustigmacher, und was sonst noch zufällige Modification der ursprünglichen Characters

verschles

verschiedenheiten ist. In dieser Hinsicht gleichen bes sonders Shakespear's tragische Charaktere denen des alten griechischen Trauerspiels. Seine Helden und Heldinnen sind nicht, wie die des Corneille und Racine,' immer darauf bedacht, ihrem Stande, ihrem Range, und den conventionellen Verhältnissen nichts zu ver geben. Aber Shakespear's dramatische Personen ers scheinen auch nie als personificirte Abstracta. Durch die sprechendste Individualität scheinen sie alle der wirklichen Welt anzugehören. Und so behaups tet sich das Genie dieses eminenten Dichters vor der Kritik, die nicht Wesentliches mit Zufälligem verwechselt, überhaupt in seiner Größe, man mag es im Verhältnisse zu dem Zeitalter und den Umständen, unter denen es sich entwickelte, oder unbedingt und nach seinem objectiven Werthe schäßen. Wie hoch sich Shakespear in jeder Hinsicht über alle seine Vors gånger auf dem englischen Theater erhob, fällt bet der ersten Vergleichung seiner Werke mit denen der früheren und damals lebenden englischen Schauspiels dichter in die Augen. Selbst die Feinheit seines Geschmacks erscheint bewundernswürdig in dieser Vers gleichung. Was ihm aber, nach objectiver Schäts zung, an Feinheit des Geschmacks und überhaupt an classischer Bildung fehlt, hat er durch das höchste poetische Verdienst in so vollem Maße ersekt, daß die Kritik lieber die Wagschale fallen lassen, als die Verehrung schwächen muß, mit welcher Shakespear's Nahme bei der Nachwelt überall genannt werden wird, wo Sinn ist, das Höchste, was die Kunst vers mag, zu empfinden.

Was besonders noch die Originalität Shar Fespear's betrifft, so muß man sie mehr in dem gans

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zen Geiste seiner dramatischen Dichtungen und in dem Zusammentreffen charakteristischer Züge, als in der Composition und Sprache seiner Schauspiele fus chen. So wild und regellos er die Begebenheiten an einander gereihet zu haben scheint, so viel Kunsts verstand zeigt sich in der Anordnung der Partieen feiner Erfindungen, wenn man sie mit den dramati fchen Arbeiten seiner Vorgänger in der englischen Litteratur vergleicht. Wie er den Knoten einer fomis schen Intrigue auf das sinnreichste zu schürzen und mit steigendem Interesse die Auflösung herbeizuführen verstand, hat er besonders durch das Lustspiel Die Weiber von Windsor bewiesen. Die Steiges rung des Interesse einer tragischen Handlung ist-ihm vorzüglich im Macbeth gelungen. Nur in einigen seiner historischen Schauspiele konnte, oder wollte er es nicht auf Einheit der Composition anlegen. Wo aber auch seine Phantasie bis zum Regellosen auss schweift, da hat doch diese Regellosigkeit nichts mit der Originalität des Dichters gemein. Shakespear blieb den romantischen Gattungen von Schauspielen getreu, die mit seiner eigenen Empfindungsart am natürlichsten zusammenstimmten, und seinem Publis cum mehr, als regelmäßigere Dichtungen, gefielen. Eben so wenig ist die kühne und nicht selten abens teuerliche Metaphernsprache, die man für Oris ginal: Shakespearisch angesehen hat, diesem Dichter eigen. Es ist die englische Theatersprache seiner Zeit. Shakespear ließ sich diese Sprache um so lieber gefals len, weil sich in ihr sein kräftiger Wiß am freiesten ausdrücken konnte. Daß er aber abgeschmackte Mes taphern mit kritischem Eifer verfolgte und vom Theas ter zu verdrängen suchte, sieht man aus vielen Stels ten, in denen er sie absichtlich perfiflirt, zum Beis `

spiel in dem Sommernachtstraume. Uebers haupt hat sich Shakespear nie, wie seine Nachahmer, der Incorrectheit beslissen, oder sich, absichtlich vers nachlässigt. An allen Fehlern, die man seinen Schauspielen mit Recht vorwirft, hat die Originaliş tåt seines Genies keinen Antheil. Er überließ sich einer gewissen Regellosigkeit, weil sein freies Ge fühl, das an keine Beschränkung nach classischen Mustern gewöhnt war, sich gegen Regeln stråubte, die ihm als pedantischer Zwang erscheinen mußten. Darum verschmähte er auch, nach dem Geschmacke seines Publicums, die Wikeleien und Wortspiele nicht; denn sie thaten zu seiner Zeit ihre Wirkung, Vergleicht man ihn aber auch in dieser Hinsicht mit seinen Vorgängern unter den englischen Schaus Spieldichtern, so übertrifft er sie alle an Correctheit, Klarheit, Prácision, und auch an wahrer Ele ganz der Sprache. Zur Verskunst hatte er feine ausgezeichneten Talente; aber er empfand den Werth, Den der Vers für die Poesie hat; und der kritische Tact, der bei ihm so oft die Stelle der Regeln vers trat, lehrte ihn, die Leichtigkeit der dramatischen Sprache in Versen dadurch zu befördern, daß ́er nicht mehr so einförmig und steif, wie die meisten feiner Vorgänger, die Gedanken mit den Versen schloß.

Sieben und dreißig Schauspiele haben fich unter Shakespear's Nahmen erhalten 5). Zwei

Ders

gg) Die vielen Ausgaben der dramatischen Werke Sha tespear's aufzuzahlen, wäre gegen den Zweck dieses Buchs, das kein bibliographisches Repertorium seyn will. Die älteren Ausgaben findet man verzeichnet bei Malos ne, einige der neuesten bei Hrn. Eichhorn, in seiner

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