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wo von der Entstehung und den Fortschritten der englischen Poetik ausführlicher die Rede seyn muß, der schicklichste Ort seyn.

Wir wollen jekt von Sidney zu den größeren Dichtern übergehen, deren Reihe sich mit Spenser anfängt.

S p pe enser.

Edmund Spenser, von unbekannter und vermuthlich geringer Herkunft, war zu London, wahrs scheinlich im zweiten Viertel des sechzehnten Jahrhun derts, geboren. Das Jahr seiner Geburt ist un gewiß; denn in der Inschrift auf seinem Grabsteine, nach der er schon im Jahre 1510 geboren seyn müßte, ist ohne Zweifel ein großes Versehen begangen wors Den 9). Auch von der Geschichte seiner Kindheit, und wie er zu seiner ersten litterarischen Bildung ges kommen, haben sich keine Nachrichten erhalten. So arm aber auch seine Eltern gewesen seyn mögen brachte er es doch so weit, daß er die Universität zu Cambridge besuchen konnte. Dort bewarb er sich, als er die nöthigen Kenntnisse zu besiken glaubte,

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q) Noch immer wiederhohlen die Litteratoren diesen augens scheinlichen Irrthum, auf den doch schon Hughes, der Herausgeber der Works of Spenfer, im Jahre 1750 aufmerksam gemacht hat. Denn wäre Spenser im Jah re 1510 geboren, so würde er, nach den übrigen und zuverlässigen Nachrichten, die sich von seinem Leben er: halten haben, ungefähr im funfzigsten Jahre seines Le bens Student gewesen, im sechzigften verliebt in sei ne Rosalinde, und im siebenzigsten zum ersten Male in Sffentlichen Geschäften gebraucht worden seyn.

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um eine Aufseher und Lehrerstelle (Fellowtip). Ein Anderer wurde ihm vorgezogen. Spenser verließ die Universität aus Mißmuth, oder aus Noth. Er reisete in das nördliche England, und lebte da, wir wissen nicht, unter welchen Verhältnissen, einige Zeit, wahrscheinlich auf dem Lande bei Verwandten, oder Freunden. In dieser Absonderung von der großen Welt dichtete er seine Eflogen, die unter dem Titel Schaferfalender bekannt sind. Vielleicht ents: warf er auch schon damals, oder wohl gar noch frůs; her, den Plan zu der Feenkönigin, feinem gros. Ben epischen Gedichte. Um sich doch unter den Großen des Landes einen Gönner zu erwerben, eigs. nete er unter einem angenommenen Nahmen seinen Schäferkalender dem allgemein bewunderten und ges liebten Philipp Sidney zu. In der Unterschrift der. kurzen Zueignung nannte er sich Jmmerito. Sids ney entdeckte bald in dem schüchternen Dichter, der, erst von ihm hören wollte, ob er nicht verdienstlos sen, den Mann, der seinem Vaterlande Ehre mas chen würde. Spenser blieb aber doch noch einige Zeit im nördlichen England und in der Nähe einer. Geliebten, der er unter dem Nahmen Rosalinde in seinen Schäfergedichten gehuldigt hat. Endlich ließ er sich bewegen, nach London aufzubrechen, und sein Glück in der großen Welt zu versuchen. Er fand in dem edeln Sidney einen noch liberaleren Góns. ner, als er erwartet hatte. Man erzählt, daß Sids. ney, als er eine Probe von Spenser's Feenkönigin: zu lesen angefangen, in vollem Enthusiasmus nach der ersten Stanze seinem Hausverwalter befohlen, dem Dichter funfzig Pfund Sterling auszuzahlen. 216: der Hausverwalter gezögert, soll Sidney, der indess sen fortgelesen, die Summe verdoppelt, nach der

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dritten Stanze aber das Geschenk bis auf zweihunsdert Pfund erhöhet, und dabei befohlen haben, die Summe sogleich auszuzahlen, weil er sonst Gefahr laufe, fein ganzes Vermögen dem trefflichen Dich: ter zu schenken. Wenn auch diese Anekdote zu dem vielen gehört, durch deren Erfindung man gewisse Nachrichten von den Dichtern und ihren Gönnern verschönern zu müssen glaubte, so dürfen wir Doch nicht bezweifeln, daß Sidney Vieles für Spena fer gethan hat. Ohne ihn håtte dieser bescheidene und vom Glücke so wenig begünstigte Dichter wahrs scheinlich den Muth verloren, das große Werk fortzusehen, an welches er nun die ganze Kraft seines Geistes wandte. Durch Sidney scheint er auch dem Hofe bekannt geworden zu seyn. Er erhielt die Stelle eines Hofpoeten (poet laureat) der Königin Elisas beth. Aber Lord Burleigh, der Schahmeister der Krone, dachte nicht wie Sidney. Ihm schien es thỏ:richt, einen Dichter durch eine fürstliche Belohnung zu ehren. Spenser war am wenigsten der Mann nach seinem Geschmacke. Burleigh ließ ihm, wie man sagt, die Pension nicht auszahlen, die ihm die Königin zugedacht hatte. Spenser beschwerte sich auf eine Art, durch die sich der stolze Minister belets digt fühlte. Nun war es um die Hoffnungen des ars men Dichters geschehen. Sein Gönner Sidney war, mit Staats und Kriegsangelegenheiten beschäftigt, in der Ferne. Spenser wurde mißmüthig, arbeitete aber doch an seinem Gedichte fort. Es gelang ihm auch, sich dem Grafen von Leicester zu empfehlen. Dieser Statsmann nahm ihn als seinen Secretair mit nach Irland, und verschaffte ihm für seine Diens fte ein kleines Landgut in der Grafschaft Cork. Auf diesem irländischen Landgute erhohlte sich Spenser

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ein wenig von den Sorgen seines früheren Lebens. Einen neuen Gönner fand er in dem geistreichen und unternehmenden Sir Walter Raleigh, der auch außers dem in der Geschichte der englischen Poesie und Bes redsamkeit dieses Zeitraums genannt werden muß. Glücklich verheirathet, wenn gleich nicht mit seiner Rosalinde, benußte Spenser seine ländliche Muße, Die Feenkönigin zu vollenden. Aber kaum hatte er sie vollendet, als das Unglück ihn von neuem verfolgte. Die lehte Hälfte des großen Gedichts ging fast ganz verloren, als er die Handschrift einem Bedienten anvertrauet hatte, sie aus Irland nach England mitzunehmen. Bald darauf brach eine Res bellion in Irland aus. Der friedliche Landsik des Dichters wurde geplündert und verwüstet. Spenser flüchtete sich nach England. Da vernahm er die Nachricht von dem Tode seines Freundes Sidney. Wie er selbst den Rest seines Lebens hingebracht, ist nicht bekannt. Er lebte noch zwölf Jahre, wahrs scheinlich in Kummer und Armuth, bis zum Jahre 1596. Sein Tod scheint denn doch einigen Eindruck auf die Vorsteher der öffentlichen Angelegenheiten ges macht zu haben. Er wurde nicht ohne Feierlichkeit in der Westminsterabtei, wie er es gewünscht hatte, zur Seite Chaucer's begraben. Der Graf von Ess fer ließ ihm ein Monument errichten ').

Spenser ist der Nachwelt besonders bekannt ges worden durch seine Feenkönigin und seinen Scház fer fas

r) Bor der Ausgabe der Works of Spenfer von Hughes, Lond. 1750, in 6 Båndchen, findet sich auch eine ziem lich gute Lebensbeschreibung dieses Dichters. Vergl. Cib. ber's Lives of the poets, und andere Litteratøren.

Bouterwek's Gesch. d. schön. Redek, VII, B.

ferkalender. Von seinen übrigen Werken sind viele verloren gegangen. Von seinen neun Lusts spielen nach dem Urioft haben sich nicht einmal die Titel erhalten.

Die Feenkönigin (the Fairy-Queen) ist das Werk, das man genauer kennen muß, um dem Ges nie Spenser's Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; denn mit diesem bewundernswürdigen Gedichte vers glichen, hat auch der Schäferkalender nur den Werth einer poetischen Vorübung. Auf die Feens Fönigin hat der unerschöpfliche und unermüdete Dichs ter die beste Kraft seines Lebens verwandt. Sein ganzer Geist lebt in diesem Werke,) das, wenn es noch vollständig vorhanden wäre, wahrscheinlich das Långste aller epischen Gedichte seyn würde; denn es bestand aus zwölf Büchern, jedes von zwölf Ges fangen; und jeder der noch vorhandenen Gesänge ents hålt zwischen vierzig bis sechzig Stanzen. Durch ein Gedicht von diesem Umfange, hatte bis dahin nur Ariost das poetische Interesse der Erzählung zu behaupten gewagt. Ariost's Roland war auch ohne Zweifel das Vorbild, das Spenser sich wählte, als er durch eine romantische Epopde von ähnlicher Größe das Ziel der Kunst zu erreichen strebte. Aber von diesem Ziele selbst hatte Spenser einen ganz ans dern Begriff, als Ariost; und nach seiner Absicht mußte sich das Epos, durch das er mit Ariost wetts eifern wollte, eben so sehr in der Erfindung, als in der Manier, von dem ariostischen entfernen. Wir würden den Zusammenhang der Composition in Spens fer's Feenkönigin nicht einmal verstehen, wenn sich nicht von dem Dichter selbst ein Brief an Sir Wal: ter Raleigh über den Zweck und Plan des Gedichts erhals

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