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verfassung ging, bei allen Unruhen und Zerrüttungen des Landes, feine bedeutende Veränderung vor. Aber indem der Adel sank, kam der Bürgerstand ems por. Die Leibeigenschaft der Bauern wurde aufge hoben, oder verlor sich, weil die adligen Gutsbes siher ihren Unterthanen schmeicheln mußten, um sie für eine Sache, die sie nichts anging, zu bewaffnen und auf den Kampfplaß zu locken. Die Zeit des Krieges der rothen und weißen Rose ist die Epoche der Entstehung des englischen Bürgergeis stes. Diesem Bürgergeiste, durch den sich England in unsern Tagen zum Range des industridsesten, reichsten und mächtigsten Handelsstaats emporges schwungen hat, mußte der erkaltende und in der Hålfa te seiner Repräsentanten vernichtete Rittergeist weis chen. Der Adel behielt seinen Rang im Staate, aber er verlor seinen Einfluß auf die Bildung des ges selligen Lebens und der öffentlichen Denkart der Nas tion. Bürgerliche Geschäfte, besonders Handel, zu treiben, schien nun auch dem titterbürtigen Herrn, der seine Stammgüter seinen älteren Brüdern überlassen mußte, nicht unanständig.' Die Lücken, die der Krieg unter den Mitgliedern des ersten Standes ges macht hatte, mußten ausgefüllt werden. Eine Men: ge Familien von bürgerlicher und gewiß nicht nors männischer Herkunft kamen empor. Nun war es aber auch um den altsromantischen Geist der englis schen Poesie geschehen. Was sich von diesem Geiste erhalten hatte, glänzte zum leßten Mal in vollem Lichte unter den großen Dichtern im Zeitalter Shakes spear's, und erlosch dann für immer.

Auffallend zeigt sich die große Veränderung, die mit der englischen Nation vorgegangen war, uns ter der Regierung Heinrich's VII. (vom Jahre

1485 bis 1509). Dieser Fürst, der durch die Bes siegung des gekrönten Ungeheuers Richard's III. dem Kriege der rothen und weißen Rose ein Ende machs te, war selbst ein recht bürgerlich gesinnter Herr, ordnungsliebend, schlau, bedächtig, aufmerksam auf jede nöthige Kleinigkeit in seinen Finanzen, und so haushälterisch, daß er über die Schäße, die er sams melte, mit eigner Hand seine Rechnungsbücher führte. Die Nation, an einen solchen Regenten noch nicht gewöhnt, achtete ihn nicht, wie er es durch seine Erhaltung der öffentlichen Ruhe verdiente; aber sie fügte sich unvermerkt in seine Weise. Poetische Getø stesunterhaltung galt unter den Großen, wie bei dem Volke in England, nie weniger, als damals. Weit besser gefiel dem Volke der launische, wollů. ftige, verschwenderische, gefühllose, aber fecke und kraftvolle Despot Heinrich VIII., der seinem spars famen Vater Heinrich VII. im Jahre 1509 auf dem Throne folgte. Aber auch Heinrich VIII. hatte fets nen Zug von einem romantischen und ritterlichen Charakter; und wenn er einmal etwas that, um Kunst und Wissenschaft zu ehren, so geschah es, weil es ihm in dem Augenblicke so gefiel. Der Bürgers sland wurde wenig gedrückt von diesem Tyrannen, der seine wilden Launen am liebsten seine Frauen und Günstlinge und den Adel fühlen ließ, und durch die Verschwendung der Schäße seines Vaters sowohl, als durch die Aufhebung der Klöster und den Vers kauf ihres Grundeigenthums, viel Geld in Umlauf brachte. Ohne es bestimmt zu wollen, gab Heins rich VIII. dem Siege des Bürgergeistes über den Rits tergeist in England völlig den Ausschlag. Unter seiner Regierung fängt aber auch schon die zweite Periode der englischen Poesie an.

Bouterwek's Gesch, d. schön. Redok; VII, B. B Wenn

Wenn wir von dem Anfange der zweiten Periode. der englischen Poesie und Beredsamkeit nach der ersten zurückblicken, so bemerken wir nicht, daß der Zus stand der auffeimenden Philosophie und Gelehrs famkeit auf die poetischen Geisteswerke in England einen andern Einfluß gehabt hätte, als damals in andern Ländern. Auf den Universitäten zu Oxford und Cambridge, die von den normännischen Könis gen nach dem Muster der Pariser Universität gestiftet waren, herrschte die scholastische Dialektik und Mes taphysik in lateinischer Sprache, wie zu Paris. Was dichterische Köpfe auf diesen Universitäten lerns ten, war fein Gewinn für die Poesie; und die bars barische Beredsamkeit von dorther war schlimmer, als gar keine. Die physikalischen und mathematischen Kenntnisse des Roger Baco, der für sein Zeitalter ein außerordentlicher Mann war, standen in feiner Verbindung mit den poetischen und rhetorischen Stus dien seiner Zeitgenossen. Merkwürdig sind die vies len Uebungen geistreicher Engländer aus dieser Pes riode in der lateinischen Poesie 8). Aber diese Uebungen beweisen nur, daß einiger dieser englischen Latinisten vielleicht größere Dichter geworden) wắ ren, wenn sie sich um die Cultur ihrer Landessprache bemüht hätten, die noch keine gelehrte Form anneh men wollte. Der bedeutendste Einfluß, den die las teinische Litteratur in der Gestalt, wie sie damals erschien, auf die englische hatte, war die Verbreis -tung einer Menge von Wörtern, die unmittelbar aus dem Lateinischen in das Englische aufgenommen wurden und nicht aus dem Französischen abstammen. Das

g) S. die zweite Abhandlung vor Varton's hift. of Engl. **poetry, T. I.

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Publicum und mancher patriotische Purist jener Zeit nannte solche Wörter zum Spotte Tintefaßs Wörter (inkhorn-words). Aber viele dieser Tins tefaßwörter erhielten sich, und bereicherten die Sprache, die aus ihrem alten Stamme, dessen. ganze Kraft in das normånnische Pfropfreis überges gangen war, keine neuen Zweige mehr treiben fonnte. Ohne die Aufnahme dieser Wörter, derglei chen sich schon bei Chaucer mehrere finden, wäre die englische Sprache nicht reif geworden für mehrere. Gattungen der höheren Poesie; denn dem alten Ang gelsächsischen fehlte es, nach dem Gange, den die Bildung der englischen Nation und ihrer Sprache: genommen hatte, an Würde; und die franzőz fischen Wörter, die in England nationalisirt waren, empfahlen sich mehr durch Eleganz, als durch poes tische Kraft ").

Mit

h) Bemerkenswerth ist bei dieser Gelegenheit ein großer Unterschied zwischen der englischen Sprache und der Deutschen. Je höher sich die Poesie hebt, desto wes niger duldet fie im Deutschen die Wörter, die wir aus dem Lateinischen und Französischen aufgenommen haben, einige wenige abgerechnet. Denn der Deutsche fühlt, Daß die höchste Sprache der Poesie eine idealisirte Natursprache seyn muß; und die nationalisirten Wörter behalten im Deutschen immer etwas Fremdes, oder Kunstmäßiges und Gelehrtes, und überhaupt etwas Conventionelles. Mit der englischen Sprache verhält. es sich gerade umgekehrt, weil das alte Angelsächsische nur der Träger der neuen Sprache geworden war, u welcher die nationalisirten Wörter feit der normánnis schen Invasion eben so wesentlich gehörten, als die als ten einheimischen.

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Mit den Engländern werteiferten schon im dreizehnten Jahrhundert die Bewohner des südlichen Schottlands im kräftigen Emporstreben nach poe tischer Geistesbildung. Ihre Landessprache unters schied sich von der englischen nur als ein Dialekt. In den nördlichsten Provinzen von England und; den südlichsten von Schottland, da, wo beide Nas tionen einander unmittelbar berührten, war ihre Sprache, wie ihre ritterliche und romantische Denks und Sinnesart, fast ganz dieselbe. Von dieser Zeit an hielten auch die Schotten gewöhnlich gleis' chen Schritt mit den Engländern in der Vervolls: kommnung der Dichtungsarten, die beiden Natios: nen zugleich angehörten. Aber wie die Landessprache des südlichen Schottlands und die Poesie, die in ihr aufblühte, entstanden, ist ein historisches Räth, sel, das schwerlich durch die Bemühungen der Als terthumsforscher jemals ganz geldset werden wird. Daß die alten Picten, die das südliche Schotts land im fünften Jahrhundert bewohnten, als die Angelsachsen in Britannien einbrachen, ein scandis navisches, aus Dänemark, oder Norwegen, hers übergekommenes Volf, also mit den Angelsachsen fast von gleicher Abkunft gewesen, und fast dieselbe Sprache geredet, läßt sich, so wahrscheinlich es ist, nicht historisch beweisen. Daß die Sprache der Engländer nach und nach in Schottland eingewan dert sen, sich zuerst bei Hofe und unter einigen Großen des Landes festgesetzt, und endlich auch, nachdem sie verschiedene Veráånderungen erlitten, unter dem Volke die alte Sprache der Eingebornen völlig verdrängt habe, ist sehr unwahrscheinlich. Nach allen Notizen, die man zur Vertheidigung Dieser gewöhnlichen Meinung zusammengetragen þat,

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